Corona-Förderlinie für Freiberufler in öffentlichen Museen
Mit dem Ausgang des Geschäftsjahres 2021/2022 lief die erfolgreiche CORONA-Förderlinie der Ernst von Siemens Kunststiftung aus. Als Reaktion auf die Corona-Krise zu Beginn des Jahres 2020 und dem Wegbrechen der Aufträge für freiberufliche Wissenschaftler*innen und Restaurator*innen, die an Museen arbeiten, wurde die Förderlinie ins Leben gerufen. Schnell stellten der Stiftungsrat und Vorstand insgesamt über 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, um das unkomplizierte, digital abgewickelte Verfahren auf den Weg zu bringen, und dies bereits am 18. März 2020, sieben Tage bevor der Bundestag „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellte. Die außerordentlich positive Resonanz motivierte schon nach wenigen Monaten Laufzeit zwei private Mäzene zu Spenden von insgesamt 250.000 Euro zur Kofinanzierung des gesellschaftlich relevanten Programms.
Die flexible und unbürokratische Bewilligungspraxis ermöglichte auch Restaurierungsprojekte in den durch die Flutkatastrophen 2021 betroffenen Museen, ohne dass neue Förderlinien aufgelegt werden mussten. Insgesamt konnten mit der Förderlinie Restaurierungen und kleinere, klar umrissene wissenschaftliche Arbeiten für Ausstellungen, Werkverzeichnisse und Bestandskataloge gefördert werden.
Mit Auslauf der Förderlinie konnten nun insgesamt 217 Projekte mit 2,75 Millionen Euro unterstützt werden. Etwa zwei Drittel der eingereichten Anträge konnten bewilligt werden. Die Absagen betrafen Vorhaben außerhalb von Museen, ausschließlich kulturhistorisch relevante Bestände oder rein denkmalpflegerische Maßnahmen – also Projekte, die außerhalb des satzungsmäßigen Förderbereichs der EvSK liegen. Die meisten Projekte (178) erhielten Restaurierungsförderungen. Nur 16 der 217 Projekte sind von Selbständigen durchgeführte, begrenzte Forschungsarbeiten im Rahmen von Bestandskatalogen oder Ausstellungen.
Auch in Zukunft wird sich die EvSK um den Erhalt des produktiven Zusammenspiels von Freiberufler*innen und Festangestellten an Museen bemühen – und dabei immer auf den Erhalt der wichtigen festen Restaurator*innenstellen dringen, ohne die Förderungen eines Hauses nahezu unmöglich sind. Denn nur die festangestellten Restaurator*innen können fachlich korrekte Ausschreibungen von Restaurierungsmaßnahmen und die Überwachung von deren Durchführung garantieren. Im Rahmen der üblichen Förderpraxis wird in Zukunft wieder mehr Fokus auf die größeren Projekte mit überregionaler Bedeutung gelegt. Die Kunststiftung ist weiterhin für Ausstellungsprojekte, Restaurierungen, Bestandskataloge oder Werkverzeichnisse anzusprechen, bei denen natürlich regelmäßig auch Freiberufler*innen mitarbeiten.

»Eine restauratorische Herausforderung!« Die Mitra des Hl. Oleguer
Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim} mehr

»Die mittelalterliche Mitra des hl. Oleguer aus der Kathedrale in Barcelona befindet sich in sehr fragilem Zustand. Für mich steht im Vordergrund, die Mitra in ihrer Substanz zu stabilisieren und den historischen Charakter der Reliquie zu bewahren. Gleichzeitig gilt es, den Vorstellungen des Domkapitels gerecht zu werden und die Mitra als aufrecht stehendes Schauobjekt zu präsentieren – eine restauratorische Herausforderung!«
Brigitte Dreyspring, Textilrestauratorin

Restaurierung von sieben historischen Gemälderahmen für das Museum Zeughaus in Mannheim
Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim} mehr

Historischer Prunkrahmen zu Carl Friedrich Lessings "Gebirgslandschaft" wird restauriert
Albertinum, Staatliche Kunstsammlung Dresden} mehr

»Wir freuen uns, wenn wir langvergessene „Depotschätzchen“ finden und wieder ausstellungsfähig machen. Viele Arbeiten sind in den Museen so lange nicht mehr bearbeitet worden, dass man nach der Restaurierung eine richtige Veränderung sieht und ein schönes Ergebnis dabei herauskommt. Wir entdecken selbst immer wieder tolle Arbeiten von bekannten und unbekannten Künstler:innen. Bei der Reinigung kommen die Farben wieder zum Strahlen, was uns jedes Mal wieder erstaunt. «
Martina Kerkhoff vom Restaurierungsatelier Kerkhoff + Vogel GbR, Bochum

„Ansicht des Potsdamer Bahnhofs und seiner Umgebung“ von Julius Jacob und Wilhelm Herwarth, um 1890
Stadtmuseum Berlin} mehr

»Diese Zeichnung mit Aquarellfarben von Jacob und Herwarth wird nach ihrer Restaurierung eines der Glanzpunkte zukünftiger Berlin-Ausstellungen sein! Das über zwei Meter breite Werk gibt einen Einblick auf den Potsdamer Platz um 1890 mit lebendigem Treiben rund um den damaligen Potsdamer Bahnhof. Wir sind dankbar, dass dies durch die Förderung ermöglicht werden kann.«
Paul Spies, Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin

Restaurierung des Reliefs „Kreuztragung“ vom Hochaltarretabel der Berliner Marienkirche von 1470
Stadtmuseum Berlin} mehr

Restaurierung fünf attisch schwarzfiguriger Amphoren
Staatliche Kunstsammlung Dresden, Skulpturensammlung} mehr

»Dank der großzügigen Corona-Förderlinie kann ich mit meiner Arbeit als freiberufliche Restauratorin einen wertvollen Beitrag zur Erforschung antiker Keramik in der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlung Dresden leisten.«
Dipl. Restauratorin Silke Rohmer

Restaurierung Hendrik ter Brugghens Gemälde "Der Zecher" von 1627
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek} mehr

»Mit der Corona-Förderlinie unterstützt die Ernst von Siemens Stiftung zur richtigen Zeit an richtiger Stelle. Ich bin sehr dankbar, dass ich zu den zahlreichen freiberuflichen Restaurator:innen gehören darf, denen Sie auf diese Weise in der aktuell schwierigen Lage helfen.«
Martina Kupser, Dipl.Rest. (FH)

Restaurierung von Ludwig von Gleichen-Russwurms "Der Pegasus Brunnen im Veitshöchheimer Schlosspark" aus dem 19. Jahrhundert
Museum im Kulturspeicher Würzburg} mehr

»Der Schlosspark in Veitshöchheim gehört zu den großen Ausstellungsbildern, mit denen der Maler Gleichen-Russwurm sich in den 1870er Jahren einem größeren Publikum vorgestellt hat. Es war seit Jahrzehnten nicht ausgestellt, weil sein Zustand dies nicht zuließ. Durch die Unterstützung ist es uns zur geplanten Ausstellung Anfang 2022 möglich, das Werk dem Publikum wieder zu präsentieren. Frisch restauriert, wird es im richtigen Kontext seine dramatische Wirkung und spektakuläre Fernsicht entfalten können.«
Luisa Heese, Direktorin Museum im Kulturspeicher

Bearbeitung des Kostümbestands des 18. und 19. Jahrhunderts für die Onlinedatenbank der MHK
Museumslandschaft Hessen Kassel} mehr

»Als Kostümhistorikerin kenne ich viele Sammlungen, aber die unerwartet hohe Qualität des Kasseler Kostümbestands hat mich doch überrascht. Er weist enge Verbindungen zur Kunst- und Kulturgeschichte der Residenz- und Garnisonsstadt Kassel auf. Ich freue mich sehr, nach den Kleidern des 19. Jahrhunderts nun mit Hilfe der Fördermittel auch die Kostüme des 18. Jahrhunderts bearbeiten zu dürfen. Wir werden für die Öffentlichkeit einen echten Schatz heben, und ich bin mir sicher, dass die Freunde historischer Kleider begeistert sein werden.«
Babette Küster M.A., Kunsthistorikerin, Kuratorin und Dozentin

Reinigung von zwei Reliefs aus dem 16. Jahrhundert
Museum Bückeburg für Stadtgeschichte und Schaumburg-Lippische Landesgeschichte} mehr

»Dank der unbürokratischen Unterstützung ist es möglich, zwei qualitätsvolle Fragmente eines Flügelalters um 1520 aus dem Schaumburger Raum restaurieren zu lassen. So können sie in der neuen Dauerausstellung des Museums adäquat präsentiert werden. Besonders freuen wir uns, mit der Aufgabe die Restauratorin Viola Vollmer zu betrauen. Wir unterstützen damit den Berufseinstieg einer Restauratorin, die sich in ihrer Masterarbeit bereits mit den Objekten befasst hat.«
Dr. Anke Twachtmann-Schlichter
Leiterin, Museum Bückeburg für Stadtgeschichte und Schaumburg-Lippische Landesgeschichte

Restaurierung des Gemäldes „Selbstbildnis mit Heckenrose“ von Wilhelm Dodel
Albertinum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden} mehr

»Die neue Sachlichkeit und der Realismus um 1930 bilden einen der Schwerpunkte im Albertinum. Wilhelm Dodel zählt zu den talentiertesten unter den linkspolitisch aktiven Schülern von Otto Dix. 1944 fiel er an der Front und wurde kaum bekannt. Dank der großzügigen Förderung der Ernst von Siemens Kunststiftung wird nun sein Selbstbildnis zugänglich, das bislang in gefährdetem Zustand nicht ausgestellt werden konnte.«
Hilke Wagner, Direktorin Albertinum und Birgit Dalbajewa, Oberkonservatorin Albertinum
Mit den Augen Mainz umwandern. Restaurierung eines Gemäldezyklus von Christian Georg Schütz aus der Staatsgalerie Aschaffenburg
Doerner Institut, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München} mehr

»Der Zyklus mit Ansichten der Stadt Mainz und Umgebung von Christian Georg Schütz dem Älteren zählt zum Kernbestand der Staatsgalerie Aschaffenburg. Dass die Gemälde dank der Förderung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung gerade jetzt restauriert werden können, ist für uns ein Glücksfall. Dadurch wird es möglich, die Werke zur Wiedereröffnung der Staatsgalerie 2022 restauriert und erstmals als zusammenhängende Folge zu zeigen. Die Corona-Förderlinie erlaubt außerdem die Fortsetzung unserer Zusammenarbeit mit freien Restaurator*innen, deren Können und Arbeitskraft für unser Haus unverzichtbar sind.«
Eva Ortner, Direktorin des Doerner Instituts, Bayerische Staatsgemäldesammlungen

Schätze des Orients - Restaurierung von Knüpfteppichen aus der Sammlung Bosch
Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim} mehr

»Die Anfang des 20. Jahrhunderts durchgeführten Expeditionen des Berliner Kaufmanns Carl Bosch in den Nordosten Afrikas sowie in den Nahen und Fernen Osten sind durch faszinierende Reisebeschreibungen, Fotografien und vor Ort gesammelte Objekte auf spannende Weise dokumentiert. Ich freue mich, dass ich mit der Restaurierung der damals auf einer Studienreise in Persien erstandenen Teppiche nun einen Beitrag leisten kann, diese wichtigen Bestände weiter zu erschließen und zu bewahren.«
Restauratorin Martha Padilla Soto

Grauzonen – Nürnberger Künstler:innen im Nationalsozialismus. Ausstellungsprojekt in der Kunstvilla in Nürnberg
Kunstvilla im KunstKulturQuartier, Nürnberg} mehr

»Die unbürokratische Förderung ermöglicht die Fortführung eines Forschungsprojekts zur Nürnberger Kunst im Nationalsozialismus, das in 2022 in eine Ausstellung und einen Katalog münden soll. Beleuchtet werden die „Grauzonen“ des Kunstschaffens zwischen Anpassung und Widerstand. Vorgestellt werden einzelne Künstlerpersönlichkeiten anhand der städtischen Bestände. Das Projekt schließt eine wichtige Wissenslücke innerhalb der Nürnberger Kunstgeschichte.«
Dr. Andrea Dippel, Leiterin der Kunstvilla im KunstKulturQuartier der Stadt Nürnberg

Restaurierung eines Gemäldes von Jacob van Loo, „Paris und Oenone“
Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden} mehr

»Unterstützungen wie die der Ernst von Siemens-Kunststiftung zur Restaurierung von Gemälden unseres Bestandes ermöglichen es uns, Kunstwerke oft ganz neu in all ihrer Qualität zu entdecken – wir nennen das dann dankbar ‚Neuerwerbung aus dem Depot‘.«
Dr. Stephan Koja, Direktor Gemäldegalerie Alte Meister und Skulpturensammlung bis 1800

Der Reisekünstler Friedrich Nerly d.Ä. (Forschungs- und Bestandserfassungsprojekt)
Angermuseum Erfurt} mehr

Restaurierung eines Konvoluts an Skizzen und Studien von Hans Bimler (1860-1929)
Oberschlesisches Landesmuseum Ratingen} mehr

»Die qualitätvollen Zeichnungen Hans Bimlers wurden seinerzeit mit zahlreichen Selbstklebebändern montiert, deren Alterung bereits zu starken optischen Veränderungen geführt hat. Dank der großzügigen Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung kann die fortschreitende Schädigung rechtzeitig gestoppt werden und die Arbeiten ohne Beeinträchtigung erhalten bleiben.«
Sabine Güttler, Diplom-Restauratorin

Bildnisse des Meisters der Gregorsmessen und von Conrad Faber von Creuznach
Stiftung Insel Hombroich} mehr

Konzeption und Umsetzung eines QR-Code-basierten Informationsangebots in der Sammlungspräsentation des Museum Schnütgen, Kurzkatalog
Museum Schnütgen, Köln} mehr

»Ich freue mich darauf, für die Besucher*Innen des Kölner Museum Schnütgen ein zeitgemäßes Angebot zu entwickeln: Informationen zu den Highlights der Sammlung sollen per QR-Code auf dem eigenen Smartphone abrufbar sein. Die ansprechend vertonten Erläuterungen zu 100 Objekten vermitteln vor Ort oder von zu Hause aus die Kunst des Mittelalters. Zudem fließen die Kurztexte in die wissenschaftliche Objektdatenbank des Museums ein, die bald als Online-Collection verfügbar ist.«
Volker Hille, freiberuflicher Kunsthistoriker