Restaurierung eines italienischen Tafelgemäldes, 15. Jh

Kunstsammlung der Universität Göttingen

Das Gemälde einer Madonna in Anbetung ihres Kindes befindet sich seit 1882 in der Kunstsammlung der Universität Göttingen. Es stammt aus der Sammlung des Mediziners Wilhelm Baum (1799–1883), der ab 1849 als Professor für Chirurgie in Göttingen tätig war. Baum zeigte großes Interesse an früher italienischer Kunst und vermachte der Georgia Augusta 1882 insgesamt sechs Gemälde, bei denen es sich mit einer Ausnahme um Tafelbilder des 14. und 15. Jahrhunderts handelte. Mit Namen wie Lippo Vanni, Lorenzo di Credi und Francesco Botticini finden sich darunter Künstler ersten Ranges. Es gibt Hinweise darauf, dass Baum diese Werke in den 1820er Jahren während eines einjährigen Italienaufenthalts erworben haben könnte.

Das auf eine relativ starke Holztafel gemalte Bild zeigt Maria in Anbetung des Kindes, das auf ihrem Schoß liegt. Zwei Engel begleiten die Szene, die in einer schroffen, felsigen Landschaft verortet ist. Das mit 83 x 57 cm verhältnismäßig kleine Format, die Nahansichtigkeit und nicht zuletzt das aus der Handlung der Weihnachtsgeschichte herausgelöste Motiv der Anbetung des Kindes durch seine Mutter lassen auf seine einstige Funktion als privates Andachtsbild schließen. Der Gläubige wird aufgefordert, dem Beispiel Mariens zu folgen und das Kind, dessen göttliche Natur durch die Verehrung der Mutter sichtbar wird, anzubeten. Der sich von Distelsamen ernährende Stieglitz in der Faust des Kindes weist dabei auf die Dornenkrone und somit auf die kommende Passion hin.

Ein terminus post quem für die Entstehung des Gemäldes lässt sich aus seinem Landschaftshintergrund ableiten, der in der Entstehungszeit bei Andachtsbildern ein noch neues Motiv war und in einem seiner frühesten Beispiele um 1460–1465 in Fra Filippo Lippis Madonna mit Kind und zwei Engeln (Uffizien) auftritt. Lange galt die Göttinger Tafel, die der Forschung weitgehend unbekannt geblieben ist, als Werkstatt-Arbeit des Florentiner Malers Neri di Bicci (1418–1492). Im Rahmen des 2014/2015 von Dr. Lisa Roemer und Dr. Christine Hübner initiierten Projekts zum Bestandskatalog der italienischen Gemälde in der Göttinger Universitätskunstsammlung wurde das Tafelgemälde grundlegend wissenschaftlich untersucht und bearbeitet. Im Zuge dessen kann es heute der Hand oder dem Umkreis des mit einem Notnamen betitelten Familiare del Boccati zugeordnet werden, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Lucca tätig war.

Abbildungen:
1 Familiare del Boccati zugeschrieben (Umkreis) / letztes Drittel 15. Jh.
Maria mit Kind und Engeln
Tafelbild: 80 cm x 57 cm
© Kunstsammlung der Universität Göttingen

2 Prof. Dr. Manfred Luchterhandt, Direktor der Kunstsammlungen der Universität Göttingen und Dr. Anne-Katrin Sors, Kustodin der Kunstsammlung vor dem Gemälde

3 Restauratorin Dipl. Rest. Dana Jonitz

»Wir danken der EvSK für die Finanzierung der Restaurierung dieses italienischen Renaissancegemäldes. So wird es im kommenden Jahr im seit einigen Jahren entstehenden Bestandskatalog zu den italienischen Gemälden angemessen publiziert werden können. Zudem freuen wir uns, mit Dana Jonitz eine erfahrene und kenntnisreiche Restauratorin an unserer Seite zu haben.«

Prof. Dr. Manfred Luchterhandt, Direktor der Kunstsammlung der Universität Göttingen, Dr. Anne-Katrin Sors, Kustodin der Kunstsammlung der Universität Göttingen

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