Restaurierung einer mittelalterlichen Kasel für die Ausstellung "Islam in Europa. 1000-1250" im Dommuseum Hildesheim

Kunstgewerbemuseum Berlin, Staatliche Museen zu Berlin

Die Berliner Kasel ist eine der wenigen vollständig erhaltenen Kaseln des 13. Jahrhunderts, die aus Textilien der islamisch geprägten Kulturen hergestellt wurden. Es handelt sich um einen Seidenstoff, der vermutlich aus der Almoraviden- und Almohadenzeit in al-Andalus stammt. Das Muster bilden als Rapport in schmalen Streifen Lebensbäume, an denen seitlich Tierpaare angeordnet sind. Dergestalt befinden sich unter den Bäumen Perlhühner und über ihnen sitzen Falken. Die hellen Farben von Rot, Blau, Violett und Grün lassen die Motivik auf dem Silberbrokat erkennen. Als Herkunft der Kasel ist Breslau zu vermuten und damit wird die weite Verbreitung derartiger kostbarer Textilien in Kirchenschätzen erkennbar.

Sowohl die Verwendung eines Textils mit einer Provenienz aus al-Andalus als auch die Abstraktion der arabischen Schrift sind für ein Ausstellungsprojekt im Dommuseum Hildesheim von großem Interesse. Die für 2022 geplante Präsentation „Islam in Europa. 1000–1250“ wird anhand der Formgebung der Objekte transkulturelle Austauschprozesse sichtbar machen. Ausgehend von einem Reliquienbeutel aus dem Reliquienfund im Hochaltar des Domes, der ebenfalls aus einem Textil mit arabischer Inschrift hergestellt wurde, soll die Sichtbarkeit solcher Textilien an Paramenten und damit in der Liturgie der Kirche thematisiert werden. Dass darüber hinaus am Kaselstab eine Abstraktion der arabischen Schrift verwendet wurde, mithin ein Pseudo-Kufi in der arabischsprachigen Kultur selbst, leitet zum nachfolgenden Kapitel der Ausstellung über, das sich dem Pseudo-Kufi Ornament im europäischen Kunsthandwerk widmen wird.

Die Kasel wird mit einem Mikrosauger abgesaugt. Der gesamte Bereich innerhalb der Schadstelle zwischen den Nähten wird mit einem Trägergewebe unterlegt. Dieses Gewebe wird mit dem Objekt im Versatzsystem fixiert. Die losen Fäden werden mit Spannstichen gesichert. Zum Teil werden die flottierenden Fäden auch punktuell gesichert. Offene Nähte werden geschlossen. Bereits vorhandene, frühere Restaurierungen werden auf ihre Festigkeit überprüft.

„Über das Textil hinaus hat dieses Restaurierungsvorhaben drei Gewinner:“, so Prof. Dr. Claudia Höhl, Direktorin des Dommuseum Hildesheim, „Die Textilrestauratorin Susanne Buch, die durch die Corona-Förderlinie für Freiberufler in öffentlichen Museen der Ernst von Siemens-Kunststiftung in ihrer Arbeit unterstützt wird, das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin mit meinem Kollegen Lothar Lambacher, die ein seltenes und besonderes Sammlungsobjekt konservieren können, und das Dommuseum Hildesheim, denn dort soll die Kasel im Jahr 2022 in der großen Sonderausstellung erstmals nach der Restaurierung präsentiert werden.“

 

Abbildung:
Kasel, al-Andalus, 13. Jh.
Berlin, Kunstgewerbemuseum
145 x 111 cm
© Kunstgewerbemuseum Berlin, Staatliche Museen zu Berlin

 

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