Zwei Gemälde-Kopien aus der Sammlung Bernhard von Lindenaus, 1847

Lindenau-Museum, Altenburg

Bernhard August von Lindenau erwarb nicht nur 180 kostbare italienische Tafelbilder vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, Gipsabgüsse, antike Keramiken und eine Kunstbibliothek, sondern er kaufte auch Gemäldekopien berühmter Meisterwerke oder gab diese in Auftrag. Seinen gesamten Kunstbesitz vermachte Lindenau dem Herzogtum Sachsen-Altenburg als unveräußerliches Eigentum, mit der Auflage, ihn zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so, wie er selbst es seit 1848 gehalten hatte.

1968/69 verkaufte das Lindenau-Museum 196 Gemäldekopien in den Kunsthandel der DDR, lediglich sechs verblieben im Museum. Der größte Teil der Kopien stammte aus Lindenaus Besitz. Mit dem Verkauf wurde gegen dessen Testament verstoßen, er hing wohl mit der mangelnden Wertschätzung von Kopien in den 1960er/1970er Jahren zusammen und dem Platzmangel im Museum.

Mit den Gemäldekopien hatte Lindenau dem Besucher seines Museums einen vollständigen Überblick über die italienische Renaissance bis hin zum Barock geboten. Neben den frühitalienischen Originalen hingen Kopien kanonischer Meisterwerke von Raffael, Leonardo da Vinci, Correggio, Palma Vecchio und anderen. Daneben standen Gipsabgüsse nach vorbildhaften Plastiken Michelangelos, Donatellos oder Ghibertis. 2013 tauchten zwei der verschollenen Gemälde wieder auf: eine Kopie nach einem Fresko mit der Verkündigung an Maria eines unbekannten Künstlers des 14. Jahrhunderts, die ein ebenfalls unbekannter Maler des 19. Jahrhunderts geschaffen hat. Bei der Darstellung handelt es sich um ein berühmtes Gnadenbild in der Kirche Santissima Annunziata in Florenz.

Wo Castellis Sixtinische Madonna die letzten 45 Jahre zugebracht hat, wissen wir nicht. Doch über die Entstehung der etwa um ein Drittel verkleinerten Kopie sind wir aufgrund von Briefen des Künstlers an Lindenau sehr gut informiert. Der Auftraggeber war mit dem Bild sehr zufrieden. Als vormaligem sächsischen Gesamtminister mit Verantwortung auch für die könglichen Kunstsammlungen war ihm Raffaels Original wohlbekannt. Auch für die heutigen Betrachter ist das Gemälde mit seiner leuchtenden Farbigkeit, die der des Raffaelschen Originals wohl näher kommt als dessen heutiger Zustand, eine Augenfreude.

Dr. Julia M. Nauhaus

Abbildung:
Louis Castelli (1805-1849)
Sixtinische Madonna nach Rafael
Öl auf Leinwand
160 cm x 118 cm

© Lindenau-Museum, Altenburg