Zum five o'clock tea in Bauhaus-Manier

Keramik-Museum Bürgel

Der Bildhauer und Graphiker Gerhard Marcks wurde 1919 von Walter Gropius an das neu gegründete Weimarer Bauhaus berufen, um als Formmeister die Keramik-Klasse zu leiten. Ab 1920 war er in Dornburg an der Saale tätig, wo er mit der Töpferei die einzige externe Bauhaus-Werkstatt aufbaute und leitete. Ab 1950 lebte Marcks in Köln. Die Kanne trägt am Boden den hellgrünen Stempel der von 1905 bis 1959 in Bonn-Duisdorf bestehenden Rhenania Porzellanfabrik GmbH. Der Entwurf stammt schon aus dem Jahr 1932. Nach Marcks’ Diffamierung als „entarteter Künstler“ scheiterte allerdings der Versuch, die Kanne mit dem zugehörigen Teeservice Tiergarten in der Staatlichen Porzellanmanufaktur Berlin zu produzieren. Die Herstellung erfolgte dann 1955 in offenbar geringer Auflage als Jahresgabe für die Mitglieder des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen. Die auf einer Auktion des Plauener Auktionshauses Mehlis im August 2011 angebotene Kanne steht mit der zweckorientierten und doch eleganten Formgebung in der Tradition der Bauhaus-Keramik. Hierher rühren der trommelförmige Korpus oder der aus nichtkeramischem Material bestehende und in gelochte Stege einzusetzende Henkel. Die symmetrisch gerundeten Übergänge zu Boden und Schulter, der knauflose Deckel und nicht zuletzt das Material mit seiner einfachen, zurückhaltenden hellgrauen Glasur verweisen jedoch auf die gemeinsame Schaffenszeit mit Marguerite Friedlaender in Halle, wo Marcks bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten die Kunstgewerbeschule leitete und sein Gefäßverständnis verfeinerte. Der Förderkreis Keramik-Museum Bürgel und Dornburger Keramik-Werkstatt e. V. hat es sich zum Ziel gemacht, die einzigartige Überlieferungslage in Dornburg als Ausgangspunkt der abendländischen Designgeschichte zu bewahren und als lebendige Keramik-Werkstatt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Teekanne von Gerhard Marcks soll dabei den kreativen Umgang mit dem zweckbestimmten Vokabular der Bauhaus-Keramik und deren langlebiges Potential belegen.

Ulf Häder