Wilhelm Hensel, Zwei Zeichnungen, 1847 und 1859/60

Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung, Leipzig

Die erste Bleistiftzeichnung zeigt Fanny Hensel (1805 – 1847), Pianistin, Komponistin und Ehefrau des Malers, sitzend mit verschränkten Armen. Die Zeichnung ist bestimmt durch einen besonders zarten, in der Ausführung eher zurückhaltenden Charakter. Die Linienführung erscheint teilweise noch suchend, aber dennoch spontan aufgebracht. Die Zeichnung ist auf braunem Karton gefertigt und hat die Maße 29,5 x 21,7 cm. Die unter dem Passepartout befindlichen Bildränder sind durch Säureübertragung aus dem holzhaltigen Passepartoutkarton dunkler verfärbt. Den rechten Bildrand hat der Maler mit „W. Hensel Berlin 1847“ signiert.

Wilhelm Hensel hat seine Ehefrau in verschiedenen Lebensphasen porträtiert. Insgesamt sind derzeit 23 Abbildungen von seiner Hand bekannt. Die erworbene Zeichnung dürfte die letzte zu Lebzeiten entstandene Abbildung von Fanny Hensel sein. Im Kupferstichkabinett Berlin befinden sich eine Zeichnung und eine Druckgrafik gleichen Motivs mit nahezu identischen Darstellungsmaßen. Die stärker durchgearbeitete Ausführung und das dünnere Papier der im Berliner Besitz befindlichen Bleistiftzeichnung lassen den Schluss zu, dass Wilhelm Hensel das letzte Porträt seiner Frau kopierte, weiter überarbeitete und schließlich als Vorlage für den von Eduard Mandel angefertigten, zur Vervielfältigung geeigneten Kupferstich bestimmte. Das erworbene Porträt Fanny Hensels ist somit das zuerst entstandene und die Vorlage für die Berliner Zeichnung und den Stich.

Die zweite Bleistiftzeichung zeigt ein Doppelporträt der Enkelinnen von Fanny und Wilhelm Hensel: Fanny (1857 - 1891) und Cecile (1858 – 1928). Es sind die beiden Erstgeborenen des Sohnes Sebastian und dessen Frau Julie, geb. Adelson. Gefertigt ist die Zeichnung auf einseitig weiß grundiertem Karton, auf dem der Fond des grauen, ovalen Bildfeldes im Hochdruck appliziert wurde. Das ovale Bild hat die Maße 21 x 17,8 cm. Der Maler hat die Namen der Kinder auf dem Blatt notiert, die zwei Zeilen: „Hübsch, dass man so vereinigt hat / Herzblättchen beide auf einem Blatt!“ hinzugefügt und mit WHensel signiert. Das Entstehungsjahr ist nicht auf der Zeichnung festgehalten, doch das Alter der Kinder und die Tatsache, dass Wilhelm Hensel 1861 verstarb, lässt eine Datierung von 1859/60 zu. Die Zeichnung ist in sehr gutem Zustand und stammt ebenso wie das oben beschriebene Porträt von Fanny Hensel aus dem Privatbesitz der Fanny-Urenkelin Cécile Lowenthal-Hensel.

Cornelia Thierbach

Abbildung:

Wilhelm Hensel
Porträt der Fanny Hensel, geb. Mendelssohn-Bartholdy (1805-1847)
Bleistift auf braunem Zeichenkarton
29,5 cm x 21,7 cm