Wieder entdeckt: Skizzenbücher

Städel Museum, Frankfurt am Main

Über 25.000 Zeichnungen und 90.000 Druckgraphiken verwahrt die Graphische Sammlung des Städel Museums, dazu einen einmaligen Bestand von rund 120 Skizzenbüchern: Sie bieten eine seltene Gelegenheit, den Künstlern bei ihren manchmal spontan, manchmal präzise, manchmal auch nur fragmentarisch notierten Erlebnissen, Erinnerungen und künstlerischen Überlegungen über die Schulter zu blicken.

Die Skizzenbücher des Städel Museums stammen zumeist aus der Hand deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts, wie Asmus Jacob Carstens, Carl Morgenstern, Karl Wilhelm Wach, Emil Lugo, Hans Thoma, den Brüdern Friedrich und Ludwig Metz und vielen anderen. Vielfach begleiteten sie die Künstler auf ihren Reisen durch Deutschland oder Italien, dienten verschiedentlich aber auch der Fabulierlust in Vorbereitung von Märchenillustrationen oder einer Aufstellung der eigenen, an Kunsthändler zum Verkauf abgegebenen Gemälde.

Aufgrund des fragilen Zustandes von Einbandmaterialien und Einbandtechnik ist eine Vorlage dieser besonderen Kunstwerke im Studiensaal derzeit nur in Ausnahmefällen möglich. Um sie der Öffentlichkeit wieder uneingeschränkt zugänglich zu machen, werden die Skizzenbücher restauriert und nachhaltig konserviert.

Gekräuselte Papiere, die durch Regentropfen während des Zeichnens auf aufgeschlagene Seiten entstanden sind, Abdrücke, die sich mit dem Verknoten zu reisefähigen Buchpaketen in die Pappdeckel gegraben haben oder die vom Tragen in der Brust- oder Gesäßtasche gekrümmte Form der Bücher – all diese Spuren des alltäglichen Gebrauchs durch den Künstler sollen unbedingt lesbar bleiben: Minimalinvasiv werden daher alle Bestandteile des jeweiligen Buches, aber auch eingelegte getrocknete Blüten, lose Zeichnungen oder Visitenkarten gesichert, Schäden nachvollziehbar behoben und alles in ein neues, schützendes Auf bewahrungssystem eingebettet.

Anschließend werden die Skizzenbücher digitalisiert und online derart publiziert, daß ihr spezifischer Buch-Charakter soweit wie möglich erfahrbar bleibt. Sie werden so über räumliche Grenzen hinweg einem breiteren Publikum erschlossen.

Dr. Regina Freyberger

Abbildungen: Restaurierungsprozess
Adolf Schreyer, Skizzen Blatt Streiflicht