Vier Zeichnungen aus dem E.T.A. Hoffmann-Konvolut, 1816/1821

Staatsbibliothek Bamberg

Die Staatsbibliothek Bamberg besitzt neben der Staatsbibliothek zu Berlin die größte und bedeutendste Spezialsammlung zu E. T. A. Hoffmann. Wertvollste Bestände, so nahezu alle erhaltenen Aquarelle und Gouachen, gehen auf Hoffmanns Zeit in Bamberg zwischen 1808 und 1813 zurück.

Eine einzigartige Chance, den in zwei Jahrhunderten gewachsenen Bestand signifikant zu erweitern, eröffnete sich im Herbst 2010, als die Hoffmann-Sammlung des Stuttgarter Antiquars Jürgen Voerster (1926–2010) zum Verkauf stand. Die Sicherung maßgeblicher Teile dieses Ensembles ermöglichte eine Finanzierungsallianz, bei der die Ernst von Siemens Kunststiftung mit der Oberfrankenstiftung und der Kulturstiftung der Länder zusammenwirkte.

Die Ernst von Siemens Kunststiftung erwarb Zeugnisse des bildnerischen Schaffens E. T. A. Hoffmanns, die sie der Staatsbibliothek Bamberg als hochkarätige Leihgaben anvertraute: Zeichnungen von der Hand des romantischen Universalgenies sind außerordentlich rar und werden fast nie im Handel angeboten.

Zu den angekauften Blättern gehören drei Federzeichnungen: Sie zeigen den Dichter Clemens Brentano (1816/18) sowie den „Studiosus Friederici“, das Urbild für die Titelfigur der märchenhaften Erzählung „Klein Zaches genannt Zinnober“ (1818). Die bildliche Vergegenwärtigung des Brandes des Berliner Schauspielhauses ist begleitet von einer detaillierten brieflichen Schilderung der Katastrophe (1817).

Eine Besonderheit ist das vierte erworbene Objekt, die Todesanzeige für den Kater Murr (1821). Es handelt sich um die dritte Fassung der Trauerbotschaft, die im Verein mit den beiden Textvarianten, die bereits in der Staatsbibliothek Bamberg liegen, die fortschreitende Literarisierung des persönlichen Schmerzes veranschaulicht. Diese Ausfertigung war dem Jugendfreund Theodor Gottlieb von Hippel zugedacht. Die Bedeutung des denkwürdigen Dokuments wird gesteigert durch das gefaltete Umschlagblatt, auf dem die letzten „Schriftzüge“ und Pfotenspuren des leibhaftigen Tieres mit Tinte festgehalten sind – womit der Kater postum zum Kunstschaffenden avancierte. Hoffmanns Fingerabdruck geriet bei dieser Erinnerung stiftenden Maßnahme gleichfalls mit aufs Blatt. Von seiner Hand stammt auch die Authentik: „Kater Murr“.

Prof. Dr. Werner Taegert