Vier historische Felsbildkopien, 1929/38

Frobenius-Institut an der Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Auf der Suche nach ursprünglichen, unverbildeten Ausdrucksformen gab es in den 1920er und 1930er Jahren neben der Kunst der „Primitiven“ eine kaum beachtete Inspirationsquelle für die Entwicklung der modernen Kunst: die prähistorische Kunst, insbesondere die älteste überlieferte Form menschlichen künstlerischen Schaffens, die Felskunst. Oft an unzugänglichen Orten, in Höhlen oder Wüsten zu finden, wurden diese geritzten oder gemalten Felsbilder einer breiten Öffentlichkeit in den europäischen und amerikanischen Metropolen – u.a. 1937 im New Yorker MoMA – in Form von Ausstellungen großformatiger Kopien aus der Sammlung Frobenius bekannt. Seit 1913 unternahm der deutsche Ethnologe Leo Frobenius (1873-1938) Expeditionen zu den berühmten Felsbildstellen Nordafrikas, der inneren Sahara und den Savannen des südlichen Afrika. Immer mit dabei: Malerinnen und Maler die die Felsbildensembles vor Ort und oft unter abenteuerlichen Umständen abmalten. Später entsandte Frobenius auch Expeditionen in die europäischen Felsbildgebiete sowie nach Indonesien und Australien. Bis zu seinem Tode 1938 entstand so ein „Bilderbuch der Menschheitsgeschichte“ von fast 5.000 Felsbildkopien, farbig und meist in Originalgröße mit Formaten von bis zu 2,5 x 10 Metern. Rund 120 Felsbildkopien des Frobenius-Institutes waren in der Ausstellung „Kunst der Vorzeit – Felsbilder aus der Sammlung Frobenius“, im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen (21.1. bis 16.5.2016). Fotografisches und archivalisches Material verwies auf die abenteuerliche Dokumentationsgeschichte der Felsbilder. Welche Wirkung diese zuvor ungesehenen Bilder auf die Moderne hatte und wie sie Künstlerinnen und Künstler inspirierten, war ebenfalls Thema der Ausstellung. Die ästhetische Kraft dieser Bilder erschließt sich auch dem heutigen Betrachter. Doch befand sich eine Reihe von Kopien in beklagenswertem Erhaltungszustand, ein gewichtiger Hemmschuh für eine verstärkte Ausstellungstätigkeit. Mit großzügiger Hilfe der Ernst von Siemens Kulturstiftung konnten vier herausragende Felsbildkopien restauriert und in der Berliner Ausstellung gezeigt werden.

Dr. Richard Kuba