Typar des Chorherrenstifts St. Paul, 13. Jh.

Evangelisches Kirchspiel Halberstadt

Im Oktober 2009 konnte mit Mitteln der Ernst von Siemens Kunststiftung das mittelalterliche Typar des Stiftes St. Paul zu Halberstadt aus dem Kunsthandel erworben werden. Die Umschrift + S(IGILLVM) : CAPITVLI • ECCL(ES)IE • S(AN)C(T)I : PAVLI • HALBERSTADEN(SIS) belegt die Herkunft des Typars aus St. Paul, einem der vier Chorherrenstifte, die neben dem Domstift in Halberstadt bestanden haben. Die älteste mit dem Typar gesiegelte Urkunde, die bislang aufgefunden werden konnte, stammt aus dem Jahr 1339 (Stadt Halberstadt, Historisches Archiv, L2). Seit der Säkularisation des Stiftes im Jahre 1810 befand sich das Typar in wechselndem Privatbesitz. Letztmals bezeugt war es 1881 im Urkundenbuch des Stiftes St. Paul. Dessen Bearbeiter Gustav Schmidt, Direktor des Halberstädter Domgymnasiums, schrieb damals, das Typar befinde sich in seinem Besitz. Rund 130 Jahre später konnte das qualitätvolle Stück nun nach Halberstadt zurückkehren, wo es im Domarchiv aufbewahrt werden wird. Im Rund des Siegels dargestellt sind die Apostelfürsten Petrus und Paulus, die auf Thronbänken Platz genommen haben. Über den Aposteln wölbt sich ein filigraner Architekturbaldachin. In der Zeit vor 1339 hat sich der Gestalter des Typars offenbar an älteren Halberstädter Kunstwerken orientiert. Die auf Thronbänken in antikisierende Gewänder gehüllten Apostel waren damals bereits auf dem Christus-Apostel-Teppich des Domes (Mitte 12. Jahrhundert) und auf den Chorschranken der Liebfrauenkirche (um 1200) zu sehen. Das Typar aus St. Paul ergänzt damit den im Harzvorland in ungewöhnlicher Fülle erhaltenen Bestand an Kunstwerken des hohen Mittelalters um ein weiteres Stück von beachtlicher Qualität.

Dr. Jörg Richter

 

Abbildung:

Typar des Chorherrenstifts St. Paul, 13. Jh., Messing, gegossen © Evangelisches Kirchspiel Halberstadt