Tischbein Konvolut

Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen Weimar

Bei dem Konvolut von Aquarellen und einigen, meist lavierten Zeichnungen von Heinrich Tischbein aus dem ehemaligen Besitz des Großherzoglichen Hauses Oldenburg handelt es sich um die bedeutendste Sammlung von Werken des „Goethe“-Tischbein, die sich noch in Privatbesitz befand. Das Konvolut umfasste mehr als 700 Blätter, von denen 250 erworben wurden. Sie lassen sich in neun Gruppen unterteilen. Die „Idyllen“-Aquarelle gehörten vermutlich zu den Bildvorlagen, die Tischbein an Goethe sandte und von ihm zurückerhielt. Die Blätter waren Anlass zu Goethes Dichtung „Wilhelm Tischbeins Idyllen“, das umfangreichste Werk, das Goethe über ein zeitgenössisches Kunstwerk verfasste. Die „Sibyllinischen Bücher“ - der Maler hatte sie zur Ansicht nach Weimar gesandt, wo sie im Kreis um Herzogin Anna Amalia, Goethe und Johanna Schopenhauer zirkulierten - lösten Dichtungen und literarische Äußerungen u.a. von Arthur Schopenhauer aus. In zahlreichen Illustrationen setzte sich Tischbein mit Goethes „Reineke Fuchs“ auseinander sowie mit seiner eigenen „Gänsegeschichte“, in der Reineke Fuchs das Spiel verlor. Als vierte Gruppe sind zahlreiche Tier- und Naturstudien zu nennen. Tischbein hatte sie an Goethe geschickt, um mit dem Dichter naturwissenschaftliche Diskurse zu führen. Eine eigene Gruppe bilden Kopien nach Hauptwerken der italienischen Renaissance, die Goethe und Tischbein gemeinsam in Italien studiert hatten. Zudem finden sich Illustrationen zu Tischbeins Roman „Eselsgeschichte“. Der Roman war im Gedankenaustausch mit J. D. Falk, Johanna Schopenhauer und wiederum Goethe entstanden. Auch die Landschaftszeichnungen, insbesondere zu prähistorischen Megalith-Gräbern in Norddeutschland, erinnern an diesbezügliche Korrespondenzen zwischen Goethe und Tischbein. Die achte Gruppe umfasst antike Köpfe. Einen dieser Tischbein-Köpfe zitierte Philipp Otto Runge bei seiner Einsendung zu Goethes „Weimarer Preisaufgaben“. Schließlich sind noch die „Anakreontischen Dichtungen“ zu nennen - Ansichtssendungen Tischbeins nach Weimar.

Das Gesamtkonvolut ist somit in seiner geschlossenen Form für Tischbeins Beziehung zu Goethe, zu Weimar und für die Kunst der Goethezeit allgemein von zentraler Bedeutung.

Hermann Mildenberger

Abbildung:

Konvolut von Aquarellen und Zeichnungen, Johann Heinrich Wilhelm Tischbein; Achill und Agamemnon
©Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen Weimar