"Thetis vor Zeus" von Heinrich Friedrich Füger, vor 1813

Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg

Bis ins hohe Alter hielt Martin von Wagner (†1858) das Andenken an seinen Wiener Akademielehrer Heinrich Friedrich Füger in hohen Ehren. Von ihm besaß das nach Wagner benannte Museum der Universität Würzburg bislang kein Gemälde. Mit der Erwerbung von Fügers Thetis vor Zeus konnte diese Lücke nun geschlossen werden, und zwar auf denkbar passende Weise: Fortan wird es gegenüber von Martin von Wagners Rat der Griechen vor Troja hängen. Der monumentale Figurenmaßstab verbindet die Gemälde von Lehrer und Schüler ebenso wie der homerische Themenkreis; Wagner schöpft aus dem zehnten Gesang der Ilias, Füger aus dem ersten.

Die Meeresgöttin Thetis will ihren Sohn Achill rächen, der von Agamemnon entehrt worden war. Den zunächst zögerlichen Zeus bewegt sie schließlich, das Kriegsglück zugunsten der Trojaner zu wenden (Ilias I, 500–530). In seinem 1813 erstmals ausgestellten Werk hat Füger die emotionalen Aspekte des olympischen Zusammentreffens in den Mittelpunkt gerückt, vermehrt um erotische Akzente. Vermutlich wollte er in Konkurrenz zu Ingres‘ kurz zuvor präsentiertem Gemälde gleichen Themas treten.

Thetis vor Zeus ist der Füger-Forschung bestens bekannt, innerhalb seines Œuvres kommt dem Werk eine überragende Stellung zu. Schon von seinen Abmessungen her, erst recht aber aufgrund seiner Qualität hinsichtlich Komposition, Farbe und Faktur ist es ein wahrhaft museales Gemälde. Zugleich reflektiert es die Homer-Begeisterung der Jahrzehnte um 1800, für die Martin von Wagners Zeichnungen zur Ilias (ebenfalls im Martin von Wagner Museum) der umfangreichste künstlerische Beleg sind.

Dank dieser Neuerwerbung steht der ‚Aufklärung und Klassizismus‘ gewidmete Saal der Gemäldegalerie jetzt noch deutlicher im Zeichen Homers. Damit wird nicht nur der Goethezeit ein historisches Denkmal gesetzt; vielmehr werden durch die Erinnerung an die Geschehnisse des Trojanischen Krieges auch Fragen aufgeworfen, die in weltpolitisch unruhigen Zeiten wieder aktuell sind.

 

Prof. Dr. Damian Dombrowski

 

 

Abbildung: Heinrich Friedrich Füger (1751-1818), Thetis vor Zeus, vor 1813, Öl auf Leinwand, 189,5 x 159 cm (Bildmaß), Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg.