Tapisserie „Paulus predigt vor den Frauen von Philippi“, vor 1563

Bayerisches Nationalmuseum, München

Pieter Coecke van Aelst, einer der wichtigsten flämischen Renaissancekünstler, entwarf die Kartons zur Tapisseriefolge „Die Geschichte des Hl. Paulus“, die in einer bisher nicht identifizierten Brüsseler Manufaktur gefertigt wurde. Sie zählt zu den herausragenden Bildwirkereien der Zeit und wurde von Herzog Albrecht V. von Bayern zwischen 1565 und 1571 erworben.

Der Bildteppich „Paulus predigt vor den Frauen von Philippi“ stellt eine Begebenheit aus der Apostelgeschichte dar: Am Flussufer vor der Stadt Philippi spricht Paulus zu den Frauen, die ihm aufmerksam zuhören. Die Purpurhändlerin Lydia wird die erste sein, die sich und die Angehörigen ihres Hauses taufen lässt. Die Tapisserie besticht durch den Detailreichtum in der Ausführung und die durch die unterschiedlichen Webtechniken besonders virtuos in das Medium der Bildwirkerei umgesetzte Plastizität in der Darstellung.

Mit insgesamt neun Tapisserien besitzt das Bayerische Nationalmuseum weltweit die einzige vollständig erhaltene Paulusfolge. Zugleich ist sie die am kostbarsten ausgestattete, weil hier in verschwenderischer Menge Gold- und Silberfäden verarbeitet wurden. Vier der Paulus-Tapisserien konnten bereits restauriert und ausgestellt werden.

Die Tapisserie „Paulus predigt vor den Frauen von Philippi“ war sehr verschmutzt, wodurch die eigentliche Farbigkeit und der Glanz des Goldes nicht mehr sichtbar waren. Neben diesen ästhetischen Beeinträchtigungen schädigte der Schmutz massiv die Fasern. Eine notwendige Maßnahme stellte deshalb die Reinigung dar. Verschiedene Schritte waren hierzu erforderlich: Neben der Abnahme des Oberflächenstaubes durch Abpinseln unter gleichzeitiger Absaugung und dem Entfernen schädigender alter Reparaturen wurden geschwächte Bereiche mit provisorischen Stichen gesichert. Die anschließende Nassreinigung erfolgte in der darauf spezialisierten Königlichen Tapisseriemanufaktur De Wit in Mechelen, Belgien. Angewendet wurde das dort entwickelte Aerosolverfahren auf einem Unterdrucktisch. Die nahezu originale Farbigkeit und die Pracht des Goldes sind nun wieder erfahrbar.

Die umfassende Konservierung der geschädigten Bereiche mittels geeigneter Nähtechniken erfolgt nun in den Räumen der Textilrestaurierung des Bayerischen Nationalmuseums.

Beate Kneppel, Dr. Johannes Pietsch