Samuhel-Evangeliar

Dom und Domschatz Quedlinburg

Das nach seinem Schreiber benannte Evangeliar aus dem Schatz von St. Servatius in Quedlinburg gehört zu der kleinen Zahl karolingischer Handschriften, für die ausschließlich goldene Tinte verwendet wurde. Es ist anzunehmen, daß ein Mitglied des sächsischen Herscherhauses den Codex dem von Otto I. und seiner Mutter Mathilde 936 gegründeten Kanonissenstift in Ouedlinburg übergab.

Der Einband des Evangeliars hat im frühen 13. Jahrhundert einen neuen, reich geschmückten Vorderdeckel erhalten: Ein breiter Rahmen aus dichtem Filigran, reich besetzt mit verschiedenem Steinschmuck, mit Perlen, Korallen und Goldzellenemails, umgibt ein getriebenes Relief aus vergoldetem Silber im vertieften Mittelfeld. Dort thront erhöht, von einer ebenfalls aus Filigran mit Steinschmuck gebildeten Mandorla umgeben, die Muttergottes, deren Haupt ein Nimbus, wiederum aus Filigran, umgibt. Im unteren Teil des Bildfeldes stehen sich zwei Bischöfe gegenüber, beide in pontifikalem Ornat mit Mitra und Pedum. Sie sind weder inschriftlich bezeichnet, noch durch ein besonderes Attribut charakterisiert. Doch können damit nur der hl. Servatius und der hl. Dionysius, die beiden wichtigsten Patrone des Quedlinburger Stiftes, gemeint sein, deren Reliquien zum ältesten Bestand des Schatzes gehören.

Dietrich Kötzsche

Abbildung: Samuhel-Evangeliar Süddeutschland [Augsburg?], 2. Viertel des 9. Jahrhunderts Pergament, 191 Blatt, zweispaltig, 24 - 27 Zeilen; 37 cm x 28 cm. Buchdeckel: Niedersachsen (Quedlinburg), 1225-1230 Eichenholzkern; Silber getrieben, ziseliert und vergoldet, Filigran Silber vergoldet; Steinschmuck, Perlen, Goldzellen-schmelz; 37,5 x 28,2 cm , © Kulturstiftung der Länder. 1990 ermöglichte die Ernst von Siemens-Stiftung den Rückkauf des Samuhel-Evangeliars, das 1945 abhandengekommen war, durch ein zinsloses Darlehen an die Kulturstiftung der Länder. Diese übergab es dann der St. Servatii Domgemeinde Quedlinburg.