Rückführung des Gemäldes "Stillleben mit Paradiesvogel, Muscheln, Uhr und Portraitmedaillon" nach Göttingen

Georg-August-Universität, Kunstgeschichtliches Seminar und Kunstsammlung

Die herausragende kunst- und kulturhistorische Bedeutung des ebenso ungewöhnlichen wie qualitätvollen Stilllebens ist thematisch, provenienzgeschichtlich, funktional und wissenschaftsgeschichtlich begründet. Neben seiner Bedeutung als außergewöhnliches niederländisches Stillleben des 17. Jahrhunderts ist es die personelle Verbindung zu dem bedeutenden Naturforscher der Aufklärung Johann Friedrich Blumenbach in Göttingen und nachweisliche Verwendung als didaktisches Lehrmedium, die das Bild zu einem künstlerisch wie historisch und wissenschaftsgeschichtlich einmaligen Zeugnis machen. Im Wintersemester 1809 / 10 fand es Erwähnung in Arthur Schopenhauers Vorlesungsmitschriften zur Naturlehre bei Blumenbach: »Von NICOLAS STEENWICK zeigt B. ein Bild der Vergänglichkeit der Dinge: es hängt ein ausgestopfter Paradiesvogel neben dem Gypsabguss einer Denkmünze und leeren Muscheln.« Eine Notiz vermutlich des 18. Jahrhunderts auf der Rahmenrückseite schreibt das Bild dem Stilllebenspezialisten Nic. Steenwijk aus Breda zu. Bislang sind keine weiteren Gemälde dieses Malers bekannt, den wir einzig aus der Bredaer Künstlervitensammlung Jacob Campo Weyerman von 1729 kennen. In dieser wird berichtet, N. Steenwijk sei ein guter Maler von »stilleeven en van vanitassen« gewesen, doch wie Anekdoten exemplifizieren, von zweifelhafter Moral. Das Gemälde zeigt den präparierten wandbefestigten Paradiesvogel neben dem hängenden Gipsabguss einer Medaille mit Profilbildnis Leopolds I. von Habsburg über einer Konsole mit Taschenuhr und zwei Kaurischnecken-Gehäusen. In Stillleben ist die Anwesenheit eines Paradiesvogels ausgesprochen ungewöhnlich, doch verweisen sowohl die Uhr als auch die exotischen Muscheln auf die Welt der Naturalienkabinette und gelehrten Bildung.1923 mit 54 weiteren Gemälden aus der Universitätskunstsammlung bei Bangel in Frankfurt versteigert, um ein Kriegerdenkmal zu finanzieren, konnte es mithilfe der vorhandenen Quellen eindeutig identifiziert und nach Göttingen zurückgeführt werden. So wird das Gemälde als Objekt von interdisziplinärem Interesse für die weite Sammlungslandschaft der Universität Göttingen ab 2022 im Forum Wissen ausgestellt werden.

 

Abbildung:

N. Steenwijk, Stillleben mit Paradiesvogel, Muscheln, Uhr und Portraitmedaillon, um 1670/80, Öl auf Leinwand, 59,5 cm x 49,5 cm © Georg-August-Universität, Kunstgeschichtliches Seminar und Kunstsammlung