Restaurierung der Naumburger Chorbücher

Vereinigte Domstifter zu Merseburg und Naumburg und Kollegiatsstift Zeitz

Die im frühen 16. Jahrhundert geschaffenen Naumburger Chorbücher bildeten bis zum Jahr 1874 die Grundlage der täglichen Liturgie im Naumburger Dom. Mit einer Höhe von bis zu 84, einer Breite von 66 und einer Stärke von über 16 Zentimetern gehören sie zu den größten mittelalterlichen Büchern der Welt. Ihre schweren Holzeinbände sind mit Schweinsleder überzogen, in das mittels einer zeittypischen Blindpressung großflächig Verzierungen eingearbeitet wurden.

Neben ihrer schieren Größe zeichnen sich die Naumburger Chorbücher durch einen besonders prächtigen Buchschmuck aus. Vor allem Text- bzw. Liedabschnitte zu den wichtigsten  Festen, den sogenannten Hochfesten, sind mit prachtvollen Zierseiten gestaltet worden. Neben großflächigen Miniaturen und filigranen Initialen beleben zahlreiche Motive aus Tier-, Pflanzen- und Mythenwelt sowie aus dem Alltagsleben der Menschen die mit Akanthusranken geschmückten Seitenränder. Der aufwendige Schmuck zählt zu den Höhepunkten der spätmittelalterlichen Buchmalerei.

Doch die jahrhundertelange Benutzung der Bände hat Spuren hinterlassen. Vor allem mechanische Einwirkungen haben zu Rissen und Knicken im Pergament und zu zahlreichen
Bestoßungen geführt. Verschmutzungen und Tintenfraß müssen restauratorisch behandelt werden. Die dicken Holzdeckel-Einbände haben sich durch Feuchtigkeitseintrag teilweise
dramatisch verformt und gefährden so die wertvollen Pergamentblöcke der Bücher. Obwohl die Bände mit ihrer Größe jeden Betrachter beeindrucken, sind die Buchdeckel immer noch zu klein bemessen für die dazwischen liegenden Pergamentblöcke, die sie eigentlich schützen sollen. Die Verformungen führen dazu, dass die Bände nicht mehr verschließbar sind. Der dadurch frei wirkende Druck verursacht nicht nur das Aufbrechen der Buchrücken, sondern begünstigt auch eine starke Verwellung der Pergamentblätter, die wiederum zum Verlust von Schrift und Malerei führt. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Stabilität durch Begradigung der Einbände ist
daher eines der wichtigsten Ziele der Restaurierung und eine Grundvoraussetzung für den zukünftigen Erhalt der Bücher.

Janine Wöll