Reiterbildnis des Landgrafen Carl von Hessen-Kassel (1654 – 1730)

Museumslandschaft Hessen Kassel

Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1654 – 1730) darf als einer der bedeutendsten Fürsten der Barockzeit angesehen werden. In seiner über 50-jährigen Regierungszeit baute er die Landgrafschaft Hessen-Kassel nach der Katastrophe des 30-jährigen Krieges umfangreich um und initiierte Bauprojekte, die noch heute maßgeblich die Stadt Kassel prägen. Dazu zählen das Orangerieschloss mit dem Marmorbad in der Karlsaue und vor allem das Herkulesmonument mit den Wasserspielen im Bergpark Wilhelmshöhe, die seit Juni 2013 zum Weltkulterbe zählen. Carls Förderung der Wissenschaften und Künste spiegelt sich in umfangreichen Sammlungen, die ab 1709 im Kunsthaus, dem ersten musealen Präsentationsort in Kassel, zu besichtigen waren. Der Landgraf verhalf mit all diesen Projekten seiner Residenzstadt Kassel zu neuem, internationalem Renommee.

Carls Engagement für Wissenschaften und Künste steht zudem unmittelbar im Zusammenhang mit seinem Bestreben, für die Landgrafschaft eine Standeserhöhung zum Kurfürstentum zu erreichen, wie dies in der Zeit um 1700 im Alten Reich auch an anderen Höfen zu beobachten ist. Das neu erworbene Reiterbildnis stellt diesen Machtanspruch eindrucksvoll unter Beweis. Es zeigt den Landgrafen in Rüstung mit Kommandostab, links von einem Leibpagen begleitet, der den Prunkhelm des Fürsten trägt. Das Gemälde datiert aus der Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges, als Carl mit hessischen Truppen auf Seiten des Kaisers im Rheingebiet gegen Frankreich stand. Die somit in Szene gesetzte militärische Stärke sollte die Kaisertreue und die damit verbundene Hoffnung auf die Kurwürde untermauern.

Sein militärisches Engagement gegen Frankreich setzte Landgraf Carl gezielt propagandistisch ein. Mehrere Medaillenprägungen feierten den Entsatz der von Franzosen belagerten Festung Rheinfels im Jahr 1693. Auch undatierte Medaillenentwürfe spielen auf seine Reichstreue und seinen unermüdlichen Kampf gegen Frankreich an. 1701 ließ Carl schließlich die Festung Rheinfels – in Anspielung auf seinen größten militärischen Triumph – in einer aufwendigen Pietradura-Tafel verewigen.
Hermann Hendrik de Quitter diente dem Landgrafen seit 1696 als Hofmaler. Das Reiterbildnis Carls darf als bedeutendstes Werk des Künstlers gelten und fügt sich
geradezu ideal in diese Reihe von politisch motivierten Kunstwerken ein.

Dr. Justus Lange

Abbildung: Hermann Hendrik de Quitter (1628 – 1708): Reiterbildnis des Landgrafen Carl, um 1703