Pierre Etienne Monnot, Paris und Bacchantin, frühes 18. Jahrhundert

Museumslandschaft Hessen Kassel

Die Terrakotta-Statuetten „Paris“ und „Bacchantin“ von Pierre Étienne Monnot (1657–1733) dienten als Vorstudien zu zwei Marmorskulpturen im Kasseler Marmorbad. Monnot, der zu den bedeutendsten Bildhauern der Generation nach Gianlorenzo Bernini in Rom zählt, schuf sie zwischen 1692 und 1714.

Adressat der Modelle und der dazugehörigen Serie von zehn mythologischen Statuen war vermutlich Livio Odescalchi, der wichtigste Mäzen Monnots in Rom. Odescalchi verstarb 1713, ohne die Werke erworben zu haben. So suchte Monnot einen Käufer nördlich der Alpen und fand ihn in Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1654-1730). Carl knüpfte an die Erwerbung 1715 den umfangreichen Auftrag für das Marmorbad, das Monnot 1722 bis 1729 als opulentes Schaubad mit großformatigen Marmorreliefs, Statuen und aufwendiger Buntmarmorinkrustation errichtete. Anders als die Marmorstatuen gelangten die Terrakotta-Modelle allerdings nie nach Kassel, sondern verblieben in Monnots Werkstatt in Rom. Nach dem Tod des Künstlers kamen sie in den Besitz der Familie Odescalchi, aus deren Sammlung sie nun für Kassel erworben werden konnten.

Die Terrakotten „Paris“ und „Bacchantin“ waren der Fachwelt bislang unbekannt, so dass ihr Ankauf eine kleine Sensation darstellt. Dies umso mehr, als die Kasseler Sammlung bereits acht an den Landgrafen gerichtete Präsentationsmodelle Monnots aus Wachs besitzt, die die Reliefs im Marmorbad vorstellen. Die Neuerwerbungen ergänzen diesen Bestand hervorragend. Als Werkstattmodelle geben sie Einblick in den künstlerischen Prozess und die Entwicklung vom Entwurf zur Marmorausführung. Terrakotten und Wachse stellen somit unterschiedliche Phasen der Werkgenese vor. In Archivstudien gelang es zudem, die verschollenen Angebotszeichnungen aufzufinden, mit denen Monnot die Statuen den potentiellen Käufern, unter anderem Landgrafen Carl, anpries. So ist es künftig möglich, in Kassel nicht nur den Entstehungsprozess der Statuen, sondern auch die Verkaufsstrategie eines frühneuzeitlichen Bildhauers nachzuzeichnen. Eine solche Zusammenschau von Originalmodellen und Zeichnungen für ein barockes Meisterwerk ist einzigartig und ein großer Glücksfall für Kassel, die Forschung und die Öffentlichkeit.

Dr. Antje Scherner

Leiterin Sammlung Angewandte Kunst, Museumslandschaft Hessen Kassel