Münzkabinett von André Boulle

Staatliche Münzsammlung München

Der Münzschrank gehört zum Altbestand der Staatlichen Münzsammlung und wurde von Kurfürst Max Emanuel wohl während seines Aufenthalts in Paris vor 1700 erworben. Das Stück zählt zu den frühen Werken des berühmten Hofebenisten Ludwigs XIV. André Boulles raffinierte Marketerien zeigen zu dieser Zeit naturalistische florale Motive und Vögel, in unserem Fall außen Diestelfinken, innen exotische Papageien. Das rare Möbel hat seine engsten Parallelen in Paris (Louvre) und in Malibu, Californien (Getty-Museum). Vor der Präsentation in der Ausstellung „Prunk und Zeremoniell“ war es dringlich, Schäden zu beseitigen – diese waren durch Klimaeinwirkung und durch die in den 50er Jahren aufgetragenen Lackschichten entstanden – und die ursprüngliche Oberfläche möglichst originalgetreu wiederherzustellen.

Die Arbeiten lagen in den Händen von V. Jutzi (Münchner Werkstätten für Restaurierung) unter Beteiligung zahlreicher Institute sowohl für die Analyse der Holzarten, der Metall-Legierungen und Lacke als auch für röntgenologische Untersuchungen. Die restauratorischen Maßnahmen erforderten eine völlige Zerlegung des Möbels, Verleimungen, Festigung der Marketerie - Holz- wie Zinn- und Messingeinlagen - und eine sehr zeitaufwändige Entfernung der Lackschicht der vorhergehenden „Restaurierung“. Spannungsrisse mussten geschlossen und Einlagen materialgerecht ergänzt werden. Einen Eindruck von der Vielfalt der Arbeiten vermittelt die Aufzählung der verwendeten Hölzer: Blindholz waren Eiche und in den Profilen Birnbaum. Für die Furniere dienten als Hintergrund Makassar-Ebenholz und Padouk, für die Marketerie Ahorn, Nussbaum, Pflaume, Birnbaum, Pappel, Platane, Berberitze, Eibe, Esche, Buchsbaum, Mooreiche, Birke, Ahornmaser, Eschenmaser und als exotische Hölzer Mahagony, Palisander und Cocobolo. Außerdem wurde Horn eingesetzt. Am Schluss stand die Rekonstruktion einer historischen Oberfläche unter Verwendung der traditionellen Materialien. Die Entfernung gelblich-schmutziger Lacküberkrustungen und die äußerst vorsichtige und dem Werk gerecht werdende Restaurierung hat diesem unschätzbaren Kabinettmöbel – bis auf die altersbedingte Holzbleichung – wieder seinen alten Glanz verliehen.

Bernhard Overbeck

Abbildung:

Charles André Boulle (1642-1732), Münzkabinett, Paris, um 1690
©Staatliche Münzsammlung München