Münzhumpen, Werk des Erfurter Goldschmieds Friedrich Engau, gefertigt zwischen 1655 und 1662

Erfurter Kunstmuseen, Angermuseum

Der Münzhumpen, 2013 bei Christie’s London als Werk eines Anonymus angeboten und später zweifelsfrei vom Angermuseum als Werk des Erfurter Meisters Friedrich Engau identifiziert, steht den Vergleichsstücken aus den Goldschmiedezentren Augsburg und Nürnberg in nichts nach. Das zylindrische Deckelgefäß ruht auf gewölbtem Fuß und schließt mit einem ebenfalls gewölbten Deckel. Der Henkel ist mit einem Perlband belegt, die Daumenrast palmettenförmig gestaltet. Insgesamt 32 Münzen unterschiedlicher Größe und Wertigkeit sind eingelötet: sieben im Deckel (eine im Zentrum umgeben von den anderen), 18 in der Wandung (geordnet in sechs vertikalen Reihen zu je drei Münzen), sechs in der wulstförmigen Zarge des Fußes und eine im Boden. Alle Flächen dazwischen sind in bemerkenswert qualitativer und reicher Treibarbeit sowie Gravur verziert: Am Fußwulst alternieren geflügelte Engelsköpfe mit Fruchtbuketts, an der Wandung erscheint Blattwerk mit jeweils zwei individuell gestalteten großen Blüten, während die Deckelwulst den Dekor am Fuß variiert: Die Engelsflügel erscheinen nun verschränkt statt ausgebreitet, auch die Buketts führen Früchte in anderer Gestaltung. Profile oder Kränze mit Rollwerkspangen fassen die einzelnen Bereiche horizontal ein, glatte Bänder an den Übergängen betonen das reiche Relief.

Die eingesetzten Münzen stammen aus unterschiedlichen Herrschaftsgebieten – vornehmlich der Wettiner (Ernestinische und Albertinische Linie) und Welfen sowie Schwarzburg-Rudolstadt und Sachsen-Weimar. Sie wurden zwischen 1538 und 1655 geprägt. Die letzte Jahreszahl liefert den Terminus post quem und gehört zu einem Sterbetaler, der anlässlich der Umbettung und Beisetzung eines berühmten Feldherrn des Dreißigjährigen Krieges geprägt wurde: Bernhard Herzog von Sachsen-Weimar. Der Münzhumpen kann somit auf sieben Jahre genau zwischen 1655 und 1662 (der letzten Erwähnung Friedrich Engaus) datiert werden. Profane Goldschmiedearbeiten aus Erfurt sind infolge der von Napoleon geforderten, riesigen Tributzahlungen und der damit verbundenen Einschmelzung extrem rar geworden; schon im Dreißigjährigen Krieg ging auch das Erfurter Ratssilber fast zur Gänze verloren. So ist der Münzhumpen Friedrich Engaus auch für das einst hohe Niveau der Erfurter Gold- und Silberschmiedekunst ein seltener Beleg.

Dr. Miriam Krautwurst

Abbildung:
Friedrich Engau (Meister 1647, erwähnt bis 1662)
Münzhumpen
Silber, getrieben, ziseliert, gegossen, graviert, innen vergoldet, außen teilvergoldet.
Marken an Deckel- und Fußrand: Beschaumarke E von Erfurt und Meistermarke F E von Friedrich Engau
H: 19,4 cm, B: 19,2 cm, T: 14,5 cm, D: 11,8 cm (Deckelrand), D: 10,9 cm (Gefäßrand), Gewicht: 834 g

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