Möbelensemble für Schloss Friedenstein Gotha

Stiftung Schloss Friedenstein Gotha

Kommode und Sekretär, um 1800/1805

Das ebenso elegante wie aufwendig gearbeitete Möbelensemble, bestehend aus Sekretär und Kommode, führt mustergültig die Stilprinzipien des Empire vor Augen: Nach seiner Krönung zum Kaiser 1804 stand Napoleon I. (1769 – 1821) vor der Aufgabe, eine neue Hofgesellschaft zu etablieren. Die Innenausstattung der Schlösser war während der Französischen Revolution in weiten Teilen verkauft und zerstört worden, so dass hierfür innerhalb kürzester Zeit Ersatz erbracht werden musste. Statt aufwendig geschnitzter Vertäfelungen wurden nun kostbare, aber eben auf Vorrat herstellbare Seiden in den Manufakturen gefertigt. Die architektonisch zumeist eingepassten Möbel des „Ancien Régime“ ersetzte man durch im Korpus schlichte Möbel, die aber mit dem teuren Mahagoni-Furnier überzogen wurden und die zusätzlich durch aufwendige vergoldete Bronzen bereichert werden konnten. So konnten nicht nur Seiden auf Vorrat gefertigt werden, sondern eben auch Möbel, die nicht nur den enormen Bedarf der neuen Hofgesellschaft deckten, sondern Napoleon I. auch in die Lage versetzte, Möbel und Einrichtungsgeschenke an verbündete Höfe als Geschenk zu senden oder aber an verdiente Generäle oder Minister ganze Hauseinrichtungen zu vergeben.

Diesen Prinzipien folgt auch das hier vorgestellte Ensemble mit seinen schlichten Grundformen, die mit Mahagoni furniert wurden. Zusätzlich wurden die Möbel durch höchst qualitätvolle vergoldete Bronzen aufgewertet, die sich vergleichbar auch an anderen Möbeln von Marcion befinden, die teilweise für den französischen Kaiser geliefert wurden. Das Ensemble erweist sich somit als eines von wahrhaft kaiserlicher Qualität. Äußerst überraschend – und für französische Möbel des Empires doch eher selten – sind die im Sekretär integrierten Geheimfächer, die auch hier den Luxus des Ensembles deutlich machen: Durch einen verdeckten Riegelmechanismus im Eingerichte des Sekretärs lassen sich erst zwei der sechs Schubfächer öffnen. Noch eleganter ist ein großes Geheimfach im Sockel des Möbels: Nimmt man die unterste Schublade heraus, so lässt sich mit einem kleinen Stift ein Riegel entfernen, womit dann der Boden des Sockels geöffnet werden kann. Solch aufwendige Mechanismen sind bei französischen Möbeln äußerst selten.

Der damalige Gothaer Herzog, August (1772 – 1822), war ein Bündnispartner Napoleons, und der französische Kaiser war Gast am Hofe von Gotha. Auch strebte Herzog August an, Teile des Westflügels im französischen Empirestil auszustatten. Manche Details der ausgeführten Innenausstattung des Westflügels von Schloss Friedenstein Gotha zitieren das französische Vorbild, so dass mit dem Erwerb der Möbel und ihrer Aufstellung in den klassizistischen Appartements eine wichtige Lücke geschlossen werden kann.

Prof. Dr. Martin Eberle

Abbildungen:
1-3 Bernhard Molitor (1755-1833)
Mahagoni auf Eiche, vergoldete Bronzebeschläge, weiße Marmorplatte
1 Kommode
H. 92 cm; B. 128 cm; T. 60 cm
2-3 Sekretär
H. 126; B. 82 cm; T. 40 cm