Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich: Ein Konvolut von 28 Möbeln
Bauhaus-Archiv Berlin
Möbel zu erwerben ist für Museen immer eine besondere Herausforderung. Als Gebrauchsgegenstände werden sie über Jahre, gar Jahrzehnte geliebt - in den meisten Fällen aber auch rege benutzt. Nur äußert selten befinden sie sich in einem so exzeptionellen Zustand wie das Möbelkonvolut von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich aus dem Besitz des Krefelder Unternehmers Hermann Lange.
Als Gründer und Vorstand der Vereinigten Seidenwebereien AG zählte Lange zu den führenden Industriellen der Weimarer Republik. Der Sammler moderner Kunst interessierte sich schon früh für das Bauhaus (1919-1933). Mit Mies van der Rohe, dem Direktor der Schule von 1930 bis 1933, trat er 1927 in Kontakt. Lange vertraute ihm und Reich die Ausstattung des Cafés Samt und Seide auf der Berliner Messe Die Mode der Dame an. In den Folgejahren beauftragte er Mies van der Rohe mit dem Bau seiner Villa in Krefeld und gemeinsam mit Reich mit Inneneinrichtungen für Büros sowie Wohnungen seiner Familienmitglieder.
Der Großteil der 28 Stahlrohr- und Holzmöbel lässt sich der ab 1930 eingerichteten Berliner Wohnung der Tochter Langes, Mildred, und ihres Mannes Carl Wilhelm Crous zuordnen, für die Reich und Mies van der Rohe die Innenausstattung entwarfen. Weitere Möbel entstammen der Freudenstädter Wohnung, die das Ehepaar 1933 bezog, sowie der von Hermann Lange in Auftrag gegebenen Einrichtung des Büros der Fachgruppe Seide in Berlin, das 1938 eröffnete. Während die Einrichtung der Wohnungen von zurückhaltender Eleganz geprägt ist, schuf Reich hier ein Ensemble, das die repräsentativen Ansprüche der Fachgruppe hervorhob: Davon zeugen ein gediegener, mit Leder bespannter Schreibtisch, der dazugehörige Armlehnsessel sowie ein voluminöser Polstersessel der Gestalterin.
2005/06 gelangten die 28 Möbel aus der Familie Langes als Dauerleihgabe in das Bauhaus-Archiv. Mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, die sich mit dem Erwerb von zehn Objekten beteiligte, wird das Konvolut - und mit ihm zentrale Positionen der Gestaltung der späten 1920er- und der 1930er-Jahre - für die Sammlung gesichert.
Katrina Schulz, Referentin der Direktion, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
Abbildung 1: Porträt Lilly Reich, um 1914, Bauhaus-Archiv Berlin, Foto: G. Engelhardt
Abbildung 2: Lilly Reich, Bücheregal, 1930er-Jahre, Bauhaus-Archiv Berlin, Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung, Foto: Florian de Brün, Bauhaus-Archiv Berlin
Abbildung 3: Lilly Reich, Stahlrohr-Armlehnstuhl LR 36/103 A, gepolstert, entworfen 1936, ausgeführt 1937, Bauhaus-Archiv Berlin, Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung, Foto: Florian de Brün, Bauhaus-Archiv Berlin
Abbildung 4: Lilly Reich, Schreibtisch für das Büro der Fachgruppe 9 (Seide) in Berlin, Brückenallee, 1938, Bauhaus-Archiv Berlin, Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung © für Ludwig Mies van der Rohe: VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: Florian de Brün, Bauhaus-Archiv Berlin