Lauchhammer-Werk, Amor-Statuette 1825

Landesamt für Denkmalpflege, Berlin

Zwei alte Ansichten vom Garten des Berliner Schadowhauses geben uns Kunde von der einstigen Existenz eines „geflügelten Genius“: Zu sehen ist er auf einem kleinformatigen Gemälde von August Wilhelm Schirmer sowie auf einem von Eduard Gaertner bemalten Teller aus Schadows eigenem Besitz (vgl. diesen Jahresbericht, S. 18-19). Seit langem von seinem einstigen Aufstellungsort verschwunden, tauchte vor einem Jahr im Berliner Kunsthandel die lebensgroße Eisenstatue eines Amorknaben auf, die in Form und Haltung mit der erwähnten, bisher nur kleinbildlichen Überlieferung in Einklang gebracht werden kann. Es handelt sich hierbei nicht, wie bis in die jüngste Zeit angenommen worden war, um ein von Schadow selbst geschaffenes Werk, sondern um einen im frühen 19. Jahrhundert produzierten Eisen-Kunstguss der berühmten alten Eisengießerei in Lauchhammer, nach einem antiken Marmorvorbild in der Dresdener Königlichen Antikensammlung, das in der Mitte des 18. Jahrhunderts aus der römischen Sammlung des Fürsten Chigi erworben worden war.

Neben dem jetzt aufgetauchten Eisenguss, verzeichnet im katalogartigen "Preis-Courant von 1828" des Lauchhammerwerks, war bisher nur ein (durch in den Händen gehaltene Sanduhren) geringfügig variiertes Exemplar bekannte, das gegen Ende des 18. Jahrhunderts in den nördlich von Dresden gelegenen, von der Gräfin Tina von Brühl geschaffenen Landschaftspark des „Seifersdorfer Tals“ gelangt war. Das antike Marmororiginal, das nach seiner Auffindung noch in Rom zu dem vollkommen wirkenden Kunstwerk eines Amorknaben mit zum Bogenschuss erhobenen Armen restauriert worden war, wurde Ende des 19. Jahrhunderts in übertrieben wissenschaftlichem Eifer bis auf seinen Torso "entrestauriert". Somit verkörpert der nunmehr erworbene eiserne Amor einen doppelten Wert: Er ist auf Grund des Vergleichs mit vielen historisch gesicherten Lauchhammergüssen der einzig bekannte, komplette und alte Nachguss nach dem antiken Vorbild vor seiner Entrestaurierung, und er wird dazu dienen, den Garten des Schadowhauses im Rahmen der anstehenden Wiederherstellung von Haus und Garten um ein historisch wie künstlerisch ungemein aussagekräftiges Inventarstück zu bereichern.

Jürgen Klebs

Abbildung:

Lauchhammer-Werk, Amor-Statuette 1825
© Landesamt für Denkmalpflege, Berlin