Kronleuchter aus der Chursächsischen Manufaktur für Schloss Pillnitz, spätes 18. Jahrhundert

Kunstgewerbemuseum, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Dank der Teilförderung und Vorfinanzierung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung konnte das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden einen exzeptionellen neunflammigen klassizistischen Kronleuchter – hergestellt von der Chursächsischen Spiegelfabrik – erwerben. Die Gestaltung des Leuchters ist außergewöhnlich: Der Leuchterkorpus, der aus sechs in elaborierten Voluten endenden Streben aus feuervergoldetem Messing besteht, zeigt die sehr unkonventionelle Form eines Ei‘s. Ein variantenreicher Behang aus Eis- und Spulbirneln sowie Rautenperlen, die zu Federn, als herabhängenden Quasten oder kaskadengleich arrangiert sind, komplementieren dieses kunsthandwerkliche Meisterwerk. Als besonderer Farbakzent – und typisch für die Arbeiten der Chursächsischen Spiegelfabrik – ist eine Scheibe aus kobaltblauem Überfangglas in einem Messingring am oberen Ende des Ovals eingefügt, welche für ein sehr reizvolles Farbkontrastspiel sorgt.
Der Kronleuchter ist durch eine ausführliche Besprechung mit dazugehöriger Bildtafel in der Märzausgabe des Jahres 1800 des Journals des Luxus und der Moden als Produkt der Chursächsischen Spiegelfabrik nachgewiesen. Sowohl gestalterisch als auch technisch ist das Stück von herausragender Qualität. Das Zusammenspiel des aus vergoldeter Bronze gearbeiteten Gestells mit dem variantenreich ausgeformten böhmischen Glasbehang ist superb und zeugt von dem hohen Niveau des sächsischen Kunsthandwerks der Zeit. Auch wenn eine weiterführende Forschung noch aussteht, so zeichnet sich jetzt schon das Bild, dass die Chursächsische Spiegelfabrik um 1800 eine der führenden mitteleuropäischen Manufakturen für messingmontierte Glaswaren wie Kron-, Wand- oder Tischleuchter sowie Tafelaufsätze war. Da bisher keine Arbeiten der Spiegelfabrik im Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen insbesondere dem Kunstgewerbemuseum inventarisiert sind, ist der Leuchters nicht nur Belegstück für eine außergewöhnliche klassizistische Leuchtergestaltung, sondern auch für die Entwicklungen im sächsischen Kunsthandwerk um 1800.

Christiane Ernek-van der Goes

Provenienz:
- Aus Privatbesitz erworben, Lausanne
- Frank C. Möller Fine Arts, Hamburg

Frank C. Möller

Abb. 1 - 4: Kronleuchter mit 9 Leuchterstellen, Dresden, um 1800
Messing, vergoldet; Kristallglas, blaues Überfangglas
Abb. 5: Auszug aus "Journal des Luxus und der Moden", Ausgabe März 1800
Abb. 6 - 7: Leuchter im Raum, Schloss Pillnitz

© Frank C. Möller Fine Arts/Michael Holz