Hans Kels d. Ä, Relief "Darbringung im Tempel", Mitte 16 Jh.

Stadtmuseum Kaufbeuren

Das Relief aus Lindenholz, das früher vermutlich Teil eines Altarflügels war, konnte im Januar 2012 durch die Ernst von Siemens Kunststiftung als ständige Leihgabe für das Stadtmuseum Kaufbeuren angekauft werden. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Kunstwerk in Privatbesitz und zuletzt im September 1977 bei Sotheby’s in München versteigert worden.

Motivisch zeigt das Werk die Darbringung Jesu im Tempel, im Lukas-Evangelium erwähnt wird. Dargestellt ist der Moment, in dem Maria dem Propheten Simeon das nackte, auf einem weißen Tuch gebettete Jesuskind reicht. Beide stehen einander zugewandt an einem blauen Altartisch, auf dem ein rosa gefärbtes Tuch liegt. Während Maria zum Propheten aufblickt, ist Simeons Blick nach oben gerichtet. Das blond gelockte Jesuskind in der Mitte wendet sich mit einem angedeuteten Lächeln nach rechts seiner Mutter zu. Maria trägt einen blauen Schleier über einem roten Kleid, das an ihrer rechten Hand sichtbar wird. Der bärtige Prophet ist in einem Umhang gekleidet, den er über den Kopf geworfen hat und an dem Reste einer rötlichen Fassung zu sehen sind. An seiner rechten Hand ist der Ärmel eines hellblauen Untergewands zu sehen.

Das Relief ist auf einer mit Brettern zusammengefügten, hellblau gefassten Rückwand befestigt. Der Profilrahmen, der die gesamte Szenerie einfasst, ist eine spätere Ergänzung aus dem 18. Jahrhundert.

Stilistisch entstammt das Kunstwerk aus der Zeit der Spätgotik und wird um 1559 datiert. Ein für diese Zeit charakteristisches Streben nach einer anatomisch richtigen Darstellung des menschlichen Körpers wird vor allem in Hinblick auf die Ausarbeitung des Jesuskindes ersichtlich. Jedoch bleibt Kels noch deutlich in der spätgotischen Figurenauffassung verhaftet, in der vor allem der Faltenwurf der Kleidung und weniger die menschliche Anatomie im Vordergrund steht.

Der um 1480/1485 in Füssen geborene Bildhauer Hans Kels d. Ä. wurde im Jahr 1507 in Kaufbeuren ansässig. Zu seinen Auftraggebern zählten so einflussreiche Persönlichkeiten wie Kaiser Maximilian I. und König Ferdinand I. Für letzteren fertigte Kels beispielsweise eines seiner bekanntesten Werke, das sogenannte Ambraser Spielbrett, an, das sich heute im Besitz des Kunsthistorischen Museums in Wien befindet.

Petra Weber M.A

Abbildung:

Hans Kels d. Ä.: Darbringung im Tempel um 1559, Lindenholz, 80 x 65 x 6, Inv.-Nr. 8842

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