Große Deckelvase mit Blumendekor und Schmetterlingen
Schloss Charlottenburg, Berlin / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Der eiförmige, kompakte Vasenkörper, mit hochgezogener Schulter und stark eingezogenem Hals, wird von einem kräftigen Pinienzapfen bekrönt. Der noch geblich-graue Scherben, die leicht wellige Oberflächenstruktur wie die sichtbaren Nähte der beiden Körperhälften der Vase, sind Kriterien für die sechziger Jahre der Berliner Manufaktur. Für diese Frühzeit spricht auch der Stil der malerisch frei in die Fläche komponierten „deutschen Blumen“. Die Blütenarrangements aus Rosen, Federmohn, „panachierten“ (gestreiften) Nelken, Papageientulpen, Schwertlilien, Anemonen, Ranunkeln und eingestreuter Grasrispen, werden jeweils von einer großen Blüte beherrscht. Die Blüten sind vielfach auf dem Höhepunkt ihrer Entfaltung dargestellt, wo die Blätter schon zu krumpeln beginnen und die Stiele sich unter der Last der zu schweren Blüten krümmen. Der dynamische, bizarre Charakter dieser floralen Komposition entspricht dem Blumendekor des königlichen Tafelservices für das Breslauer Stadtschloss das 1767/68 entstand. Es gilt zu Recht als der Höhepunkt der KPM-Blumenmalerei in der Ära Friedrich des Großen. Weitere Kriterien für diesen Zeitraum sind die große unterglasurblaue kräftige Szeptermarke auf dem glasierten, leicht gewölbten Boden sowie die Ritzmarke K. Eine unterglasurblaue 4 bestätigt die Vermutung, dass diese Vase Bestandteil eines mehrteiligen Satzes gewesen ist.
Die Vasenform lässt sich bis heute nur ein einziges Mal bei einer um 1770 datierten KPM-Ausführung (Berliner Kunstgewerbemuseum), allerdings mit einer anderen Deckelform, nachweisen. Wir finden sie außerdem bei einem ähnlichen Modell, das zu einem dreiteiligen – ursprünglich wohl fünfteiligem – Vasensatz aus dem „Zweiten Gästezimme“ des Schlosses Sanssouci gehört. 1768 datiert, zeigt dieser Vasensatz eine sehr ähnliche Blütenkomposition, jedoch in Überglasurblau mit grauen Abschattierungen und glattem Goldrand.
Nach dem nahezu totalem Verlust an Meißen- und KPM-Kamingarnituren in Schloss Charlottenburg durch die Folgen des letzten Krieges ist diese Deckelvase zur Ausstattung des Knobelsdorff-Flügels besonders willkommen. Das Stück bereichert das breite KPM-Dekorspektrum um eine neue Facette und belegt überdies eindrucksvoll die besondere Leistungsstärke der Blumenmalerei in der Frühzeit der Berliner Manufaktur.
Winfried Baer
Große Deckelvase mit Blumendekor
KPM, um 1767/68
45,5cm hoch
Abbildung: Schloss Charlottenburg Berlin / Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Fotograf: Jörg P. Anders