Gothaer Tafelaltar, 1539/1541

Stiftung Schloss Friedenstein, Gotha

Auf 14 klappbaren Flügeln und einem feststehen¬den Mittelteil zeigt der Gothaer Tafelaltar den umfangreichsten Bilderzyklus der Reformations¬zeit. Er umfasst drei Szenen aus der Schöpfungs¬geschichte und 157 Tafeln mit Darstellungen aus dem Leben Christi. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil der Gothaer Kunstsammlungen in die UdSSR gebracht, darunter auch der Tafelaltar, dessen Standflügel sich bis heute im Puschkin-Museum in Moskau befinden. Der Tafelaltar ist mit einer Fülle von Textzusätzen versehen. Über jeder einzelnen Darstellung befindet sich eine Kartusche mit den entsprechenden Auszügen aus der lutherischen Evangelienharmonie von Jacob Beringer. Die an den Kartuschen hängenden Medaillons geben die jeweiligen Fundstellen in den Evangelien an. Auf den Rahmenleisten finden sich zudem gereimte Merkverse, die den Inhalt jeweils einer Bildtafel auf einprägsame Weise zusammenfassen oder kommentieren. Bei dem Gothaer Tafelaltar handelt es sich somit um ein umfangreiches evangelisches Lehrbild. Es stammt aus der Werkstatt Heinrich Füllmaurers und entstand vermutlich im Auftrag des württembergischen Herzogshau¬ses. Den Herzögen von Sachsen-Gotha-Altenburg war er wahrscheinlich durch Erbe zugefallen. Zunächst befand sich der Tafelaltar im Gemach Herzog Ernsts des Frommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Flügel abgenommen und die Mitteltafel zerlegt. Im 19. Jahrhundert wusste man nicht mehr, dass die einzelnen Tafeln einst einen Flügelaltar gebildet hatten. Man hielt ihn für einen Paravent. Erst 1957 wurden die Mitteltafel und die noch in Gotha vorhandenen Flügel montiert und der Altar in die heutige Aufstellung gebracht. Dank der Ernst von Siemens Kunststiftung, die zusammen mit der Kulturstiftung der Länder, der Rudolf-August Oetker-Stiftung und dem Freistaat Thüringen dankenswerterweise die Restaurierung übernommen hat, konnte der Altar aufwändig restauriert werden. Im Zuge dessen wurden unbekannte Details wieder sichtbar gemacht und neue Erkenntnisse zu dem Objekt gewonnen, die u.a. Aufschluss über Werkstattfragen geben. Nun wird er im Rahmen der Ausstellung „Martin Luther: Art and the Reformation“ im Minneapolis Institute of Art gezeigt. Anschließend steht der Tafelaltar im Mittelpunkt einer großen Schau im Herzoglichen Museum in Gotha, bevor er dann in der Staatsgalerie Stuttgart ausgestellt wird. Danach kehrt der Tafelaltar wieder an seinen endgültigen Standort im Herzoglichen Museum Gotha zurück.

Dr. Ingrid Dettmann