Gabriel von Max "Der Vivisektor" ergänzt die Sammlung des Lenbachhauses

Städtische Galerie im Lenbachhaus, München

Gabriel von Max (Prag 1840-1915 München) war nicht nur als erfolgreicher Maler und Professor an der Münchner Kunstakademie tätig, er beschäftigte sich zudem intensiv mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen wie auch im Rahmen eines „ganzheitlichen" Denkens - mit okkulten Phänomenen, Bildnisse, Heiligenbilder, Literatur und Historie, Spiritismus, Tiere oder Medizin sind Gegenstände seiner Bildwelt. Als Sammler trug er rund 80.000 Objekte auf den Gebieten der Anthropologie, Ethnologie und Naturkunde zusammen.

In der Person dieses engagierten Zeitgenossen spiegeln sich die verschiedenartigsten Strömungen, die sich in der rasanten industriellen und wissenschaftlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts zeigen. Das große Gemälde Der Vivisektor von 1883 ist ein Hauptwerk unter Max Versuchen, für aktuelle wissenschaftliche Probleme eine bildliche Form zu finden. Es entstand in einer Zeit, als die ethische Dimension von Tierversuchen heftig diskutiert wurde; 1880 wurden in Bayern, 1885 in Preußen Tierschutzgesetze erlassen.

Max greift auf das Mittel der Allegorie zurück, um ein Thema zu visualisieren, für das noch keine Ikonographie existierte: Eine weibliche Figur, Sinnbild der Humanität, entwendet dem Vivisektor einen kleinen Hund vom Seziertisch. Die Waage zeigt an, dass in Fragen der anatomischen Zergliederung lebender Tiere im Namen des wissenschaftlichen Fortschritts das Herz mehr wiegen sollte als das Gehirn. Die in eine Schale eingeritzte Darstellung von Kain und Abel bringt zudem die Vivisektion in Zusammenhang mit dem archetypischen Brudermord.

Für die Umsetzung dieser schwierigen Bildaussage bietet man auf und gibt dem Alten Züge in der Art Rembrandts, ehrend er die junge Frau in präraffaelitischer Manier malt.

Prof. Dr.Helmut Friedel

Abbildung:

Gabriel von Max, Der Vivisektor 1883
© Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung