Ferdinand Kobell, Flusslandschaft im Mondlicht, 1774

Städtische Galerie im Lenbachhaus, München

Das Bild stammt aus Ferdinand Kobells Zeit als Cabinets-Landschafts-Mahler am Mannheimer Hof von Karl Theodor. Eine undatierte Variante in kleinerem Format und auf Holz gemalt, befindet sich als alter Besitz in der Karlsruher Staatlichen Kunsthalle. Mondscheinlandschaften kommen während der siebziger Jahre im Œuvre Kobells gelegentlich auch in Aquarell vor.

Für Nachtbilder gibt es verschiedene Quellen: Schon im Spätmittelalter und in der Renaissance wurde die Geburt Christi nächtens dargestellt. Seit dem späten 16. Jahrhundert bildete sich das Nachtbild zu einem eigenen Fach heraus und konnte für einen Niederländer wie Aert van der Neer zum fast ausschließlichen Thema werden. Neben religiösen Motiven forderten auch mythologische Themen oder Tageszeitendarstellungen, so etwa im 18. Jahrhundert von Claude Vernet, nächtliche Szenen. Kobells Bild gehört in den Rahmen der Tageszeitendarstellungen. Weitere (bislang unbekannte) Pendants sind denkbar. Eine zentrale Stellung nahm das Thema „Fluss oder See im Mondlicht“ dann im frühen 19. Jahrhundert ein, vor allem bei den Dresdner Romantikern.

Ganz im Sinne des 18. Jahrhunderts setzt sich Kobells Landschaft aus verschiedenen Teilen zusammen, die kulissenartig von der Seite in den Bildraum eingezogen werden: rechts erstreckt sich die nahsichtige Uferzone mit den sich kreuzenden, bildfüllenden Bäumen, zwischen deren Stämmen der Boden vom Mondlicht matt erhellt ist, links lagern unter den Büschen am Ufer zwei Pferdehirten mit ihren Tieren. Im Hintergrund folgt die dunstige Ferne mit dem im Wasser sich spiegelnden Mondlicht. Zum Betrachter hin öffnet sich die schimmernde Fläche des Flussbettes. Die Darstellung eines von Wolken umgebenen Vollmondes über einem Wasser, das den Mond spiegelt und sein Licht reflektiert, ist ein geläufiges Motiv im 18. Jahrhundert. Im Fall des Gemäldes von Kobell möchte man annehmen, dass der Maler sich auf das Urbild dieses Typus - Adam Elsheimers „Flucht nach Ägypten“ von 1609 - bezieht. Jenes Gemälde befand sich den Inventaren nach zwischen 1731 und 1799 in Mannheim, eine Kenntnis Kobells ist daher vorauszusetzen. Auf der Karlsruher Fassung von Kobells Nachtbild wird der Bezug zu Elsheimer noch deutlicher, da sich hier die links lagernde Gruppe um ein Feuer schart.

Barbara Eschenburg

Abbildung:

Ferdinand Kobell (1740-1799), Flusslandschaft im Mondlicht, 1774
©Städtische Galerie im Lenbachhaus, München