Fastentuch

Museum der Stadt Füssen

Das Fastentuch zeigt vier Szenen aus der Passion Christi: oben „Gefangennahme“ und „Verhör vor dem Hohen Rat“, unten „Ecce Homo“ und „Kreuztragung“. Aus dem Befund der Leinwand ist zu schließen, dass das Waltenhofener Fastentuch ursprünglich breiter und höher gewesen ist. Nur die obere Kante zeigt den originalen Abschluss. Die rückseitig aufgemalte Palme könnte von der Zweitverwendung als Hintergrund des barocken Bühnenaltars stammen. Der unbekannte Maler aus dem 1. Drittel des von 16. Jahrhunderts hielt sich für die Umrisse seiner Szenen eng an die Vorlagen, die er in den Holzschnitten Hans Leonhard Schäufeleins (um 1480/85 - um 1539) aus der 1507 publizierten Schrift „Speculum passionis“ vorgefunden hatte. Fastentücher, auch Hungertücher genannt, verhüllten in der vorösterlichen Fastenzeit den Altar bzw. den Altarraum. Erst nach ihrer Entfernung zu Beginn der österlichen Freudenzeit trat der festliche Altar und Altarraum dann wieder in seiner Pracht in Erscheinung. Die ungerahmten, oben an einer Stange hängenden Fastentücher wurden durch die alljährliche Nutzung (Abrollen, Aufhängen, Zusammenrollen) und häufig unsachgemäße Lagerung außerordentlich strapaziert. Dies bedingt eine hohe Verlustrate; im alpenländischen Raum sind heute nur noch etwa 170 Exemplare erhalten.

Im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurde daher für das Fastentuch aus Waltenhofen - als eines der wenigen, wenn auch nur fragmentarisch überlieferten Zeugnisse einer fast verlorenen Kunstgattung - ein Konservierungs- und Restaurierungskonzept entwickelt. Die liturgische Nutzung und die spätere Zweitverwendung des Fastentuchs hatten zu zahlreichen Knicken und Falten, aufgegangenen Nähten, Löchern und Rissen, sowie gelockerter Malschicht und reduzierten Farbflächen geführt. Die notwendigen Arbeiten führten Carolin Röter und Manfred König durch. Ihre Arbeitsschritte waren: Festigen der Malschicht, Abnahme des Oberflächenschmutzes, Glätten des Leinwandträgers, Schließen von Rissen und Löchern in der Leinwand, Stabilisierung des oberen Saums und partielle Retusche von Wasserrändern. Mit der rein museal ausgerichteten Konservierung konnte der fragmentarische Zustand des Tuchs bewahrt werden. Eine Wiederherstellung zum Zweck erneuter liturgischer Nutzung war nicht angestrebt worden.

Cornelia Ringer

Abbildung:

Fastentuch, 1. Drittel 16. Jahrhundert, ehemals katholische Pfarrkirche St. Maria und Florian, Waltenhofen
©Museum der Stadt Füssen