Ernst Ludwig Kirchner, Wiesenblumen und Katze 1931/32

Staatliche Museen zu Berlin – SPK, Neue Nationalgalerie

Das hochaufragende, leuchtend farbige Stillleben zählt zu den zentralen Werken im Spätwerk von Ernst Ludwig Kirchner.

Die Bedeutung Kirchners – sowohl kunsthistorisch als auch sammlungsgeschichtlich – für die Nationalgalerie ist nicht hoch genug einzuschätzen. Mit 16 Gemälden und einer Skulptur gehört Kirchner zu den Stars der Sammlung zur Klassischen Moderne. Seine Großstadtszenen, insbesondere das große Gemälde Potsdamer Platz, sind Ikonen des 20. Jahrhunderts.

Das hochformatige Gemälde Wiesenblumen und Katze von 1931/1932 ist das einzige, repräsentative Spätwerk des Künstlers im Bestand der Nationalgalerie. Es vermittelt stilistisch und biographisch zwischen dem kürzlich erworbenen Liebermann-Porträt von 1926/1928 und dem späten Schaffen Kirchners in seinen letzten Jahren vor seinem Freitod in Davos 1938. Das große Bild kann als typisches, ausdrucksstarkes Werk dieser späten Jahre gelten.

Kirchner entwickelte in diesem Spätwerk seine abstrakten Kompositionen. Das Gemälde zeigt, wie sehr sich die Tendenz zur Straffung in den Folgejahren verstärkte und zu einem neuen Stil ausformte. Die formale Verdichtung des Gemäldes ist inspiriert von einer geometrischen Ästhetik der 1920er Jahre, aber auch konkret von orientalischen Teppichen, mit den sich Kirchner zeitlebens gern umgab. Die radikale Reduktion der Form führt zu einer Flächenhaftigkeit, die jegliche Bildtiefe auflöst. Wie ein Teppich werden die Bildelemente ineinander gewoben und damit naturalistische, kubistische und ornamentale Formen kombiniert. Licht und Schatten werden zu flächigen Streifen, die starke Farbgebung folgt ganz dem Kanon des Expressionismus.

Im Zuge der Aktion Entartete Kunst wurden über 500 Werke moderner Künstler aus der Nationalgalerie beschlagnahmt, verkauft oder vernichtet. Unter den beschlagnahmten Werken waren auch sechs Ölgemälde von Kirchner sowie 18 Arbeiten auf Papier. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Erwerb von Werken Kirchners von großer Bedeutung, und einzelne Dauerleihgaben aus Privatbesitz schlossen die Lücken im Bestand. So kam das Gemälde Wiesenblumen und Katze schon 1966 als Dauerleihgabe an die Nationalgalerie, wo es seit 50 Jahren durchgehend zum festen Bestand des Hauses zählt.

Auszug aus dem Antrag der Neuen Nationalgalerie, 2016

Abbildung:
Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938)
Wiesenblumen und Katze, 1931/32
Öl auf Leinwand
157 x 110 cm