Edvard Munch, Käte und Hugo Perls, 1913

Kunstsammlungen Chemnitz

Die Verbindung zwischen Edvard Munch und Chemnitz ist enger als vermutet. Bereits 1905 erhielt Munch von Herbert Eugen Esche, einem Chemnitzer Unternehmer, den Auftrag, seine beiden Kinder zu porträtieren. In etwa drei Wochen entstanden sieben Porträts der Familie. Zwischen 1906 und 1929 wurden fünf Ausstellungen in Chemnitz mit Werken Munchs gezeigt. 1928 war es dem damaligen Museumsdirektor Friedrich Schreiber-Weigand endlich gelungen, das Gemälde „Zwei Menschen“ von 1908 zu erwerben. Jahrelang hatte er sich um ein repräsentatives Bild von Munch bemüht, nachdem er bereits den beachtlichen Bestand von 51 Grafiken zusammengetragen hatte. Die Pläne Schreiber-Weigands, einen Munch-Raum einzurichten, ließen sich jedoch nicht verwirklichen; vielmehr wurde das einzige Gemälde von Edvard Munch als „entartet“ erklärt und 1937 von der Stadt Chemnitz verkauft. Umso mehr ist das jetzt erworbene Doppelporträt „Käte und Hugo Perls“ ein höchst erfreulicher Ankauf, um der Chemnitzer Sammlung Identität zurückzugeben.

Das Ehepaar Perls, Berliner Kunsthändler und -sammler, hatte den Künstler 1913 in Norwegen besucht, um sich porträtieren zu lassen. Munch malte in nur wenigen Tagen zwei stark farbige Versionen des Doppelporträts (erste Fassung heute: Munch-museet Oslo) sowie drei Bildnisse von Käte Perls. Bei dem Chemnitzer Gemälde handelt es sich um ein hervorragendes Beispiel der Porträtkunst Edvard Munchs. Die Halbfigurenbildnisse sind in einem Rechteckformat platziert. Links steht Hugo Perls im Profil und blickt schweigend zu seiner Frau Käte. Sein Blick wirkt selbstbewusst. Käte Perls hingegen ist im Dreiviertelprofil mit leicht gesenktem Kopf wiedergegeben. Gedankenverloren blickt sie an ihrem Ehemann vorbei. Munch, ein Meister der psychologischen Charakterisierung, hat die Entfremdung des Ehepaars auf subtile Weise vortrefflich wiedergegeben. Nach über 60 Jahren wieder ein Gemälde von Edvard Munch zu besitzen, gehört zu den Sternstunden des Museums. Selbst der 88-jährige, in Chemnitz geborene Karl Schmidt-Rottluff (1884 - 1976), antwortete auf die Frage, was Edvard Munch für die „Brücke“ bedeutete: „Große Anregung“. Ilya Kabakov (*1933) meinte, als er das Gemälde anlässlich seiner Ausstellung in den Kunstsammlungen Chemnitz sah: „Das Doppelporträt „Käte und Hugo Perls" ist ein Meisterwerk.“

Ingrid Mössinger

Abbildung:

Edvard Munch (1863-1944), Käte und Hugo Perls, 1913
©Kunstsammlungen Chemnitz