Dirck van Baburen, Achilles vor der Leiche des Patroklos, 1624

Museumslandschaft Hessen, Kassel Gemäldegalerie

Von 1615 bis 1620/21 arbeitete Dirck van Baburen unter dem Einfluss Caravaggios in Rom, danach bis zu seinem frühen Tod Februar 1624 in Utrecht, wo er in dichter Folge Historien und Szenen der „lockeren Gesellschaft“ malte.

Das Mithilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Hessischen Kulturstiftung, der Familienstiftung Dierichs sowie des Museumsvereins Kassel erworbene groβformatige Werk zeigt eine Szene aus dem Trojanischen Krieg (Homer, Ilias, 16. Buch): Achill hatte sich nicht an den Kämpfen beteiligt, wohl lieh er seine Rüstung Patroklos, seinem Freund. Hektor tötete diesen und raubte die Rüstung. König Menealos barg den Leichnam aus dem Schlachtgetümmel. Durch dessen Anblick wird Achill derart vor Schmerz aufgewühlt, dass er hasserfüllt und grausam in den Kampf eingreift.

Mit allen künstlerischen Mitteln stellt Baburen diesen Umkehrpunkt dar –allein schon der Rhythmus der Hände macht den Verlauf der Geschichte kenntlich. Das flackernde Licht, die blockhafte Modellierung, die realistische, greifbar nahe Inszenierung entsprechen ganz den caravaggesken Prinzipien.

Das sehr selten dargestellte Thema fand Baburen in einer illustrierten Bearbeitung der Ilias, dem Specvlvm Heroicvm von Isaac Hilaire de la Rivière, Utrecht 1613. Der Autor stand in Verbindung mit dem Gouvernement von Utrecht, das ab 1618 im ehemaligen Bischofspalais der Stadt untergebracht war. Möglich, dass Baburens eindrucksvolles Gemälde für diesen Militärsitz entstand.

In Kassel fügt sich das anspruchsvolle Historienbild hervorragend in die Sammlung von Werken anderer Utrechter Caravaggisten.

 

Gregor J. M. Weber