"Die wunderbare Brotvermehrung" (J.G. Plazer)

Diözesanmuseum Freising

Eine antikisch gekleidete Menschenmenge hat sich in einem Felsentheater versammelt, von dem aus der Blick auf einen See und eine Stadt im Hintergrund fällt. Alle Augen schauen auf den in der Mitte sitzenden, durch ein tiefes Blau hervorgehobenen Christus, der fünf Brotlaibe und zwei Fische segnet. Das biblische Geschehen ist in die Sphäre des Idealen übersetzt, Christus nach dem Psalmwort als „schönster aller Menschenkinder“ besonders ausgezeichnet.

Der Südtiroler Maler Plazer, seit 1728 in Wien ansässig, erwarb sich großes Renommee als Feinmaler in der Nachfolge flämischer Miniaturisten. Berühmte Bildzitate werden von dem Künstler geschickt eingeflochten. Der auffällig schöne Rücken im Vordergrund ist dem Torso von Belvedere entlehnt. Claude Lorrain stand Pate bei der Wolken- und Lichtstimmung. Die Gestalt des Knaben, der Christus die Fische reicht, wurde durch ein Gemälde Raffaels – im 18. Jahrhundert durch Stiche weit verbreitet – angeregt. Plazer bewies damit dem gebildeten und verwöhnten Publikum am Wiener Hof seine Gelehrsamkeit und Kenntnis berühmter Werke. Er brillierte mit changierenden Farbabstufungen in den Gemälden, aufblitzende Details, zarte Inkarnaten und einer duftigen, im abendlichen Blau verdämmernden Seelandschaft.

Die „Wunderbare Brotvermehrung“ besitzt in Plazers Darstellung der „Hochzeit von Kana“ ihr gleich großes Pendant. In der Barockgalerie Freising nehmen beide Bilder aufgrund ihrer künstlerischen Virtuosität und der Steigerung des Religiösen zum ideal Schönen einen besonderen Rang ein.

Peter B. Steiner

Abbildung: Diözesanmuseum Freising, 2025

Johann Georg Plazer (1704-1761)
Die wunderbare Brotvermehrung
Wien, um 1735
Öl / Kuper, 43,3cm x 63,5cm,
Diözesanmuseum Freising.