Carl Schuch, Stillleben mit Fasan, kleineren Vögeln und Korb, 1855

Angermuseum Erfurt

Spätestens 1882, mit Schuchs Übersiedlung von Venedig nach Paris, fand dessen zeitweilige Zugehörigkeit zum "Leibl-Kreis" auch innerlich ihr Ende. Versuchte Schuch in Paris zunächst an Courbet und Daubigny anzuknüpfen - wie vorher in München - so fand er doch bald in Manet, Cézanne und den Impressionisten den entscheidenden Impuls für seine weitere Entwicklung. Mit den "Pariser Stilleben", denen unser Bild zuzurechnen ist, erreichte Schuchs malerische Konzeption ihre reifste Entfaltung und gültige Umsetzung. Lediglich fünf davon sind datiert. Bereits 1884 hat Schuch Faisan & Vanneaux, Fasan und Kiebitze, in seinen Pariser Notizbüchern als Bildmotiv notiert.

Roland Dorn, der den Catalogue raisonnée vorbereitet, kann vier Varianten dieses Sujets nachweisen. Die erste (Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft, Freiburg) zeigt das Grundgerüst der drei folgenden, den vor dem Jagdkorb positionierten Fasan sowie, in wundervoller malerischer Abbreviatur, einen Krammetsvogel. Der fehlt in der Version der Sammlung Leopold (Wien), die den Kiebitz und eine Reihe bunter Vogelbälger einführt. In der Fassung aus der Sammlung Gustav Rau rückt der Krammetsvogel in die Bildtiefe, während die vorliegende, wohl letzte Version sich formal als Essenz der vorhergehenden darstellt: hinten werden der Krammetsvogel, vorn der Kiebitz, die weiteren Vogelbälger seitlich des Jagdkorbs radial und raumgreifend arrangiert. Mit der radialen Anordnung auf bildparallel angeordneten, leicht schräg gestellten Brettern verbindet sich unauflöslich jene leise räumliche "inquiétude", von der Valéry in anderem Zusammenhang gesprochen hat, die den reifen Bildern Schuchs eigen ist und ihr Fragendes, ihre ausweglose Melancholie, mitbestimmt. Hierher gehört auch die Dominanz der gegenstandsübergreifenden chromatischen Farbordnung und die überall präsente "potentielle Farbe" (Th. Hetzer) anstelle dinglich gebundener Lokalfarben.

Mit dieser Neuerwerbung gelangt erstmals ein repräsentatives Stilleben Schuchs in den Bestand der Gemäldegalerie des Angermuseums, das als einziges Museum in Thüringen Bilder Carl Schuchs zeigt und zusammen mit den "Birkenstämmen" (1878/81) und der frühen "Olevano"-Landschaft (1870) über ein facettenreiches Ensemble von Werken des noch immer unterschätzten Malers verfügt.

Wolfram Morath-Vogel