Bildteppich

Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg

Der Behang ist der älteste Bildteppich, der sich aus der reichen textilen Ausstattung der spätmittelalterlichen Sebalduskirche in Nürnberg erhalten hat. Als „altartuch mit S. Sebaldt, S. Michel unnd der Trifeltigkeit mit Deichsler unnd Zenner schiltt“ ist er in Inventaren des 16. bis 18. Jahrhunderts zweifelsfrei zu identifizieren. Die Bezeichnung „Altartuch“ verweist auf einen Gebrauch als Antependium.

Dargestellt ist die Hl. Dreifaltigkeit im christlichen Bild des Gnadenstuhls zwischen dem Kirchenpatron St. Sebald mit Kirchenmodell und dem Erzengel Michael als Seelenwäger. Die Figuren, die vor dunkelblauem Grund auf einem schmalen, mit stilisierten Gräsern und Blumen bewachsenem Rasenstreifen platziert sind, werden von einer dreiteiligen Baldachinarchitektur gerahmt. Die seitlichen, für Nürnberger Bildteppiche charakteristischen Abschlüsse bilden Blattstabbordüren. Die beiden Wappen am Fuß des mittleren Pfeilerpaares sind den auch in anderen Kirchenstiftungen erwähnten Nürnberger Familien Deichsler (links) und Zenner (rechts) zuzuordnen. Zusammen mit der stilistischen Einordnung des Behangs um 1420 sprechen sie für eine Stiftung der Agnes Deichsler, geb. Zenner, die den Teppich wohl nach dem Tod ihres 1419 verstorbenen Mannes Berthold Deichsler in Auftrag gab. Für eine Stiftung zum Seelenheil des verstorbenen Ehemanns spricht auch die ikonographische Betonung des Erlösungsgedankens durch Gnadenstuhl und Seelenwaage.

Entwurf und Ausführung repräsentieren die örtliche Bildwirkerei im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts auf hohem Niveau. Der flächenhaft ornamentale Stil der älteren Nürnberger Arbeiten ist einer räumlich statuarischen Figurenauffassung gewichen. Auch die textile Umsetzung folgt in bemerkenswerter Weise dem Bemühen um Räumlichkeit, indem die Wirkerei an einzelnen Gewandpartien die Fläche verlässt zugunsten einer dreidimensional plastischen Gestaltung des Faltenwurfs.

1813 gelangte der Behang mit weiteren bedeutenden Bildteppichen aus bayerischem Kirchenbesitz in die Kunstsammlung des Fürsten Ludwig zu Oettingen-Wallerstein. Sein Ankauf für das Germanische Nationalmuseum führt ihn an den Ort seiner Herkunft und Bestimmung zurück.

Jutta Zander-Seidel

Abbildung:

Bildteppich mit Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit und des Hl. Sebald und Erzengel Michael, Nürnberg, um 1420
©Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg