Bildnisbüste des Kaisers Marc Aurel

Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München

Die Bildnisbüste zeigt Kaiser Marc Aurel in der Tracht der hohen Offiziere. Er trägt über dem Untergewand (tunica) einen metallenen Panzer, an dem über den Schultern Lederlappen angenäht sind, die in Fransen enden. An der rechten Brust ist noch das Ende einer Schulterklappe sichtbar. Über den Panzer hat der Kaiser schwungvoll den Feldherrnmantel (paludamentum) geworfen, der in reicher Faltung auf Brust und Schulter aufliegt. Am unteren Rand der Büste ist um den Panzer die Feldherrnbinde (cingulum) geschlungen und vorne verknotet. Büsten mit so großem Körperausschnitt sind ungewöhnlich und selten.

Der Kopf zeigt den Kaiser in der gleichen Bildnisfassung wie die berühmte Bronzestatue auf dem Capitol. Es ist der sog. dritte Bildnistypus, der 161 n.Chr. anlässlich der Thronbesteigung des Kaisers geschaffen und bis Anfang der 70er Jahre kanonisch war. Reich gelocktes Haupthaar und Vollbart umrahmen ein ovales, eher mageres Gesicht, dem um die Augen schon die ersten Zeichen des Alterns eingeschrieben sind. Dies verleiht dem Gesicht ein besonders menschliches Aussehen. Beeindruckend ist die Raffinesse der Oberflächenbehandlung des Kopfes: weich schwellen Gesichtsmodellierungen an, hingegen sind die Augen scharf geschnitten; zu den polierten Hauptpartien, deren Oberfläche leicht schimmert, kontrastiert das bewusst rauh belassene und durch Aufbohrungen verschattete Haar. Ernst und Würde drückt das Bildnis aus. Da uns Marc Aurel durch eigene Schriften auch als Persönlichkeit greifbar erscheint, neigt man dazu, bestimmte Charaktereigenschaften wie seinen Lebensernst und seine Warmherzigkeit in diesem Bildnis dargestellt zu sehen. Wie weit das berechtigt ist, lässt sich schwer entscheiden. Offensichtlich ist jedoch, dass unter den vielen Marc-Aurel Porträts gerade dieses neben seiner künstlerischen Qualität auch durch den ungewöhnlichen Erhaltungszustand auffällt. Kopf und Büste sind aus einem Block gearbeitet, ungebrochen und ohne Risse. Ergänzt sind, neben dem runden Büstenfuß, nur der Nasenrücken und ein kleines Stück einer Gewandfalte. Für diese Ergänzungen hat der Restaurator aus der rückwärtigem Büstenstütze ein Stück Marmor genommen, um die Ergänzungen möglichst unauffällig und täuschend zu machen. Es zeigt die hohe Wertschätzung, die diese an der Oberfläche unberührt Bildnisbüste schon damals erfuhr.

Raimund Wünsche

Abbildung:

Bildnisbüste des Kaisers Marc Aurel (reg. 161-180 n. Chr.) Um 165 n. Chr., Marmor, Höhe 79 cm
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