Barocke Polychromie bei mittelalterlichem Kruzifix freigelegt

Stadtmuseum Kaufbeuren

Mit der Wiedereröffnung des Stadtmuseums Kaufbeuren Ende 2012 wird die dortige Sammlung von über 300 Kruzifixen aus neun Jahrhunderten erstmals der Öffentlichkeit zugänglich werden. Im neuen Ausstellungskonzept wird der romanische Kruzifixus als ein Hauptwerk dieser Sammlung präsentiert.

Am Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft der Technischen Universität München wird dieser Kruzifixus untersucht und restauriert. Die Untersuchungen lassen eine Datierung des Kruzifixus – Christus als König – auf die Jahre um 1150 zu. Als Dreinageltypus in Untersicht konzipiert, ist sein gekröntes Haupt leicht nach rechts auf die Brust gesunken. Der Korpus hängt mit übereinandergelegten – zu klein ergänzten – Füßen und mittels Keilen veränderter Armstellung an einem T- förmigen Kreuz aus jüngerer Zeit. Zahlreiche Überfassungen verbargen nicht nur die ursprüngliche Polychromie sondern verschleiern auch die bildhauerische Gestaltung der Skulptur und lassen die ehemalige Qualität kaum erahnen.

Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse, welche acht Fassungskonzepte nachweist, erfolgte zunächst eine Freilegung auf die barockzeitliche Fassung, welche zusammen mit den konstruktiven Veränderungen erfolgte. Anfang 2011 waren diese Freilegungen abgeschlossen. Die barocke Fassung ist in künstlerischer und maltechnischer Ausführung wenig bedeutsam und negiert durch die Darstellung des leidenden, geschundenen Körpers die Aussage der Skulptur. Seit März 2011 wird die ursprüngliche romanische Fassung freigelegt. Die Arbeiten sind, da sie überwiegend mechanisch und ausschließlich unter dem Mikroskop durchgeführt werden können, aufwendig. Durch die Freilegung der romanischen Fassung und die Entfernung der barockzeitlichen bildschnitzerischen Veränderungen wird die ursprüngliche Polychromie und Gestaltung des Bildwerkes wieder erfahrbar werden. Die romanische Fassung betont trotz der fragmentarischen Erhaltung die differenziertere Ausarbeitung der Skulptur und ist eine bemerkenswert qualitätvolle, maltechnisch aufwendige farbige Bemalung, welche die ursprüngliche Authentizität des Kunstwerkes wieder erleben lässt.

Die Abbildung zeigt die freigelegte barocke Polychromie. Lediglich am Lendentuch sind auf der linken Seite noch Teilflächen mit den Überfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts erhalten.

Prof. Erwin Emmerling

Zum neuen Stand der Restaurierung lesen Sie } hier weiter.

Abbildung:

Mittelalterliches Kruzifix, um 1150, Pappelholz, mehrfach polychrom gefasst; Krone: Metall, ölvergoldet, H. 91 cm, B. 89,5 cm © Stadtmuseum Kaufbeuren