Auf ein Glas mit Max Beckmann

Städel Museum Frankfurt am Main

Max Beckmanns "Selbstbildnis mit Sektglas" konnte unter anderem mit Mitteln der Ernst von Siemens Kunststiftung für die Sammlung des Städel Museums erworben werden. Das ursprünglich aus der Privatsammlung von Hermann Lange, Krefeld, stammende Hauptwerk seiner Frankfurter Zeit befindet sich bereits seit 2011 als Dauerleihgabe im Städel und erweitert nun dauerhaft die bedeutende Beckmann-Sammlung des Museums.

Von 1915 bis 1933 in Frankfurt ansässig, schuf der Beckmann hier einen Großteil seiner zentralen Werke, entwickelte seinen charakteristischen Stil und unterrichtete ab 1925 als Hochschullehrer an der Städelschule. Zahlreiche Frankfurt-Ansichten, Selbstbildnisse und Porträts von Freunden und Bekannten belegen seine enge Bindung an die Stadt, die er nach seiner erzwungenen Entlassung aus der Professur 1933 mit großem Bedauern verließ. 1937 floh Beckmann, als „entartet“ diffamiert, aus Deutschland. 1950 starb er in New York.

Das Gemälde ist das dritte Selbstbildnis, das nach dem Ersten Weltkrieg entstanden ist. Beckmann, der sich zuvor noch als Krankenpfleger und Maler im Atelier dargestellt hatte, präsentiert sich nun als eleganter Lebemann an der Theke eines Nachtlokals. Seine gezierte Haltung sowie sein Lächeln vermitteln jedoch mehr als nur den Eindruck ausgelassener Heiterkeit. Eine groteske Erscheinung lacht im Hintergrund; wie ein Echo wiederholt sich die Fratze bedrohlich im Spiegel auf der linken Seite. Beckmann nimmt hier eine Rolle ein, in der er in den kommenden Jahren immer wieder in Erscheinung treten wird: Es ist die des abgeklärten Bourgeois und Dandys, der eine distanzierte Rolle einnimmt und die Gesellschaft mit seiner Kunst hinterfragt. In seinen Darstellungen demaskiert er die bürgerliche Vergnügungssucht der Nachkriegszeit, deren Oberflächlichkeit und übersteigerte Inszenierungsformen ihm wiederholt Anregungen lieferten. Selbstbildnis mit Sektglas steht exemplarisch für die schrittweise Überwindung von Beckmanns spätimpressionistischer Malweise, hin zu einer expressiven Übersteigerung der Formen und Figuren.


Dr. Alexander Eiling

Abbildung: Max Beckmann (1884-1950), Selbstbildnis mit Sektglas, Öl auf Leinwand, 1919, 65,2 x 55,2 cm
© Städel Museum Frankfurt a.M.