Adler vom Augsburger Siegelhaus

Städtische Kunstsammlungen Augsburg, Maximilianmuseum

Das Siegel- oder Weinhaus stand bis zu seinem Abbruch 1809 als architektonisch bedeutsame Begrenzung des Weinmarkts (heute: Maximilianstraße) hinter dem Herkulesbrunnen von Adriaen de Vries. Es wurde ab 1604 von Elias Holl erbaut. Als Giebelbekrönung schuf der seit 1602 in Augsburg tätige Bildhauer Hans Reichle einen Bronze-Adler. Der Reichle-Adler ist seit 70 Jahren ein herausragendes Werk in der Skulpturensammlung des Museums. Reichle war wie de Vries ein Schüler von Giambologna. Für diesen Kunstkreis war die Tierplastik sehr wichtig. Reichles autonome Großplastik ist zudem typisch für die einstige Bedeutung der Reichsstadt Augsburg, die sich ein derartig monumentales Sinnbild für das Reich und den Oberherrn, den Kaiser, leisten konnte.

Vor der Neuaufstellung des Adlers in dem nun glasüberdachten Viermetzhof des Maximilianmuseums war seine Restaurierung dringend erforderlich. Sie erfolgte in den Werkstätten für Bronzerestaurierung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege in München. Der Adler zeigte das für frei bewitterte Bronzen typische grün-schwarze Schadensbild, das auf die Bildung grünlicher Korrosionsschichten und matt-schwarzer Auflagen zurückzuführen ist. Die Zersetzung von Metall zu Korrosionsprodukten ist ein nicht rückgängig zu machender Prozess. Dennoch sind die Korrosionsschichten Teil des Originals und dürfen nicht entfernt werden. Die dunklen, festen Auflagen in den eher regengeschützten Bereichen der Skulptur sind mit den Korrosionsschichten unterschiedlich stark verbunden, eine klare Trennung dieser Schichten wäre ohne weiteren Substanzverlust nicht möglich gewesen. Die naturwissenschaftliche Analyse ergab, dass sich keine schädigenden Substanzen in den Schichten befanden. Notwendig waren folglich nur die Abnahme von lose aufliegenden Verschmutzungen, die in Verbindung mit Feuchtigkeit zu weiteren Korrosionsprozessen führen können, und die manuelle, trockene Reinigung. Die abschließende Konservierung der Oberfläche mit heiß aufgetragenem mikrokristallinem Wachs verleiht der Bronze einen metallischen Glanz und Tiefenlicht, da das grün-schwarze Korrosionsmuster optisch abgemildert wird.

Björn R. Kommer / Kerstin Brendel

Abbildung:

Hans Reichle (um 1570-1642), Adler vom Augsburger Siegelhaus, 1605-1606
©Städtische Kunstsammlungen Augsburg, Maximilianmuseum