Adam Lenckhardt, Die Schindung des Marsyas

Bayerische Nationalmuseum, München

Die vollrund angelegte Gruppe aus fünf Figuren wurde aus einem Stück Elfenbein geschnitzt. Wiedergegeben ist Apoll, der Marsyas grausam bestraft, weil dieser ihn frevelhaft zum musikalischen Wettstreit herausgefordert hatte. Der Gott selbst zieht dem an einen Baumstamm gefesselten bocksfüßigen Satyr die Haut ab. Das Musikinstrument des Marsyas, die Syrinx, lehnt unten links am Baumstamm, die Leier des Apolls ist an der Rückseite des Baumstamms aufgehängt. Sie trägt an der Unterseite das Monogramm des Künstlers, „AL" (ligiert), und die Jahreszahl 1644. Bei den anderen Figuren der Szene handelt es sich um Naturwesen, zwei Nymphen und einen kleinen Satyr, die das Schicksal des Marsyas beklagen. Auf der Rückseite des Baumstamms entspringt aus dem Blut des Satyrs der Marsyasfluß, wie es Ovid in seinen Metamorphosen berichtet.

Adam Lenckhardt gehört zu den führenden deutschen Bildhauern des 17. Jahrhunderts. Sein Œuvre besteht ausschließlich aus Kleinplastik, als Material herrscht Elfenbein vor. Er war der Sohn eines Würzburgers Bildhauers, der sich nach Wanderjahren, die ihn vermutlich nach Italien führten, in Wien niederließ und bis zu seinem Tod im Jahre 1661 auch für den Kaiserhof tätig war. Vor allem arbeitete er für Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein (reg. 1632-1684), der ihn 1642 zum Kammer-bildhauer ernannte. Unter Lenckhardts Arbeiten mit profaner Thematik nehmen drei mehrfigurige mythologische Gruppen eine Sonderstellung ein: das heute verschollene „Urteil des Paris" (datiert 1642; ehemals im Schloß-museum Gotha), „Perseus und Andromeda" (datiert 1643; im Badischen Landesmuseum Karlsruhe) sowie die hier vorgestellte Gruppe aus dem Jahr 1644. Alle drei Werke sind wahrscheinlich im Auftrag des Fürsten von Liechtenstein entstanden und identisch mit Gruppen, die in einem Liechtensteinschen Sammlungsinventar von 1678 verzeichnet sind.

Peter Volk

Abbildung: : Adam Lenckhardt (1610 - 1661): Die SChindung des Marsyas, Wien, 1644; Elfenbein, vollrund angelegt; H. 27,2 cm, querovale Standfläche: 15,2 x 12,5 cm; © Bayerische Nationalmuseum München