Der Marienthaler Psalter bleibt in öffentlicher Hand!

Sächsische Landesbibliothek - Staats und Universitätsbibliothek Dresden

Der ‚St. Marienthaler Psalter‘ gehört zu den wenigen Luxus-Psalterien für die hochadlige Elite, die sich aus dem 13. Jahrhundert für Deutschland erhalten haben. Der reich mit Buchmalerei verzierte Privatpsalter entstand wohl um 1220–1230 in Franken für eine adlige Dame. Zur kostbaren Ausschmückung in Deckfarbenmalerei und Gold gehören sieben ganzseitige Miniaturen, zwölf einleitende Kalendertafeln mit illustrierenden Medaillons sowie aufwendig gestaltete Initialen am Beginn einzelner Psalmen. Dieser erlesene Buchschmuck verbindet den St. Marienthaler mit dem ‚Komburger Psalter‘ in Stuttgart und einem Missale in der British Library. Wie ein Erschließungsprojekt jüngst ergab, muss der Psalter bereits um 1300 in die Markgrafschaft Meißen gelangt sein: In einer Federprobe wird mit dem Burggrafen von Meißen ein hochrangiges Mitglied des regionalen Adels genannt. Damit erweist sich der ‚St. Marienthaler Psalter‘ als eines der extrem seltenen Zeugnisse hochadliger Buchkultur auf dem Gebiet des heutigen Sachsen aus der Zeit vor 1500 und gibt Einblicke in den kulturellen Austausch mit anderen Teilen des Reiches. Im 14. oder 15. Jahrhundert wurde der Psalter als fromme Gabe für das eigene Seelenheil an das Zisterzienserkloster Altzelle gestiftet. Altzelle, 35 km westlich von Dresden gelegen, war als Grablege der Markgrafen von Meißen das bedeutendste Kloster im sächsischen Raum. Auch die Meißner Burggrafen hatten dort ihr Familienbegräbnis. Als sich die Auflösung des Klosters im Zuge der Reformation 1539 anbahnte, verbrachte offenbar der letzte Abt den Psalter zusammen mit anderen besonders kostbaren oder wichtigen Handschriften in das Tochterkloster St. Marienthal bei Zittau, das damals zum katholischen Königreich Böhmen gehörte. In Marienthal wurde die Handschrift als besonderer Schatz bis in die Gegenwart gehütet. Dank der großzügigen Förderung durch die Ernst von Siemens Kunststiftung konnte der Codex mit seiner eminenten Bedeutung für die deutsche Kunst des 13. Jahrhunderts und die sächsische Landesgeschichte nun dauerhaft für die Öffentlichkeit und den Verbleib im Freistaat Sachsen gesichert werden.

 

Christoph Mackert und Matthias Eifler

 

‚St. Marienthaler Psalter‘
Franken, um 1220–1230
Handschrift auf Pergament, 190 Folio, 21,5 x 15 cm, 7 ganzseitige Miniaturen, Holzdeckeleinband mit Lederbezug und Stempelprägung aus der Zeit um 1520/30
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, St. Marienthal F 5/31
Provenienz: Zisterzienserkloster Altzelle; seit ca. 1540 Zisterzienserinnenkloster St. Marienthal
Digitalisat: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-db-id18010400796

Abbildungen:
1 fol. 8r, Jesu Taufe im Jordan mit der zeittypischen Darstellung eines Wasserbergs.
2 fol. 9r, Versuchung Jesu in der Wüste.
3 fol. 10r, Moses vor dem brennenden Dornbusch.
4 fol. 11r, Spaltleisteninitiale.
5 fol. 6r, Kalendar-Seite zum Monat November, auf dem Rand unten Nachtrag aus der Zeit um 1300 mit Nennung des Burggrafen von Meißen.

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